Die letzten Monate der Soldaten-Legende Mythos Rommel

Düsseldorf (RP). Im Herbst 2012 erscheint ein ARD-Film über die letzten Monate von Hitlers Lieblings-General Erwin Rommel. Auch dem "Wüstenfuchs" und Bewunderer des "Führers" gingen zu spät die Augen auf.

Stanley Greene: "Black Passport - Journal eines Kriegsfotografen"
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Ein ARD-Film über eine Soldaten-Legende wird gedreht. Sein Thema lautet: Erwin Rommels letzte Monate 1944 an der Westfront und sein Schwanken zwischen Bewunderung für Hitler und der späten Erkenntnis, des Teufels General gewesen zu sein.

Es gibt einen veritablen Streit zwischen den Filmemachern und der Familie des Mannes, der einst mit 51 Jahren jüngster Generalfeldmarschall der Wehrmacht war.

Rommels Sohn Manfred, der frühere OB von Stuttgart, fürchtet, dass der Film (keine Dokumentation) über seinen Vater reißerische Beiträge auslösen könnte, die einen "Ehrgeizling, Emporkömmling und Nazi-Verbrecher" beschreiben. "Das stimmt einfach nicht, das sind Lügen", lässt der schwer kranke Manfred Rommel ausrichten.

Ruf wie ein Donnerhall

Bis heute hat Generalfeldmarschall Erwin Rommel als Soldat einen Ruf wie Donnerhall. Bundeswehr-Kasernen sind nach ihm benannt, in seiner südwestdeutschen Heimat auch Straßen und Stiegen. Bis 1944 galt der ehrgeizige Militär als Hitlers Lieblings-General.

Nach Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenbergs Attentat auf den Diktator am 20. Juli 1944 wurde Rommel, der unter Hitlers Speichelleckern in Generals-Uniform Feinde hatte, der Mitwisserschaft bezichtigt.

So hatte der im Volk als "Wüstenfuchs" verehrte Schwabe, der tollkühn und mit Soldatenglück 1941 und 1942 Überraschungssiege in Nordafrika gegen die an Waffen, Menschen und Nachschub überlegenen Engländer schaffte, die grausame Wahl: Volksgerichtshof-Demütigung oder Selbsttötung. Rommel, Träger des Ordens Pour le Mérite, des Eisernen Kreuzes, des Ritterkreuzes mit Eichenlaub und Brillanten, biss in die Giftkapsel.

Das war am 18. Oktober 1944. Zwei Gesandte des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) hatten Rommel an seinem Wohnort Herrlingen mit den Anschuldigungen konfrontiert. Dass man dem Höchstdekorierten, dem von Hitler protegierten Soldaten, dessen Ruhm sich auch Joseph Goebbels' Propaganda bis zum bitteren Ende zu nutzen machte, die Wahl ließ, entsprang der Verbrecher-Logik der Nazi-Oberen: Einen Rommel mochte man nicht einfach totschießen oder an den Strick bringen; das Heldenbild von des "Führers schneidigstem Militär" sollte nicht zerstört werden.

Der "Mythos Rommel"

Der "Mythos Rommel", dem ausgerechnet die Engländer die ersten Biografien widmeten, dem Winston Churchill, ein ebenso begeisterter wie begnadeter Krieger, seinen Respekt bezeugte, wurde am Tag der Beisetzung in einem Abgrund von Heuchelei auf die Spitze getrieben:

Der Suizid wurde verheimlicht, Rommels Tod stattdessen in der Öffentlichkeit als Folge schwerer Verletzungen dargestellt, die er sich am 17. Juli 1944 bei einem Tiefflieger-Angriff der Westalliierten in der Normandie zugezogen habe. Offiziell sprach man von einem Autounfall. Der Nimbus des unbesiegbaren soldatischen Helden musste aus Hitlers und Goebbels' Sicht gewahrt bleiben. Hitler selbst sagte, Rommels Name stehe "im gegenwärtigen Schicksalskampf des Volkes für hervorragende Tapferkeit und unerschrockenes Draufgängertum".

Die Filmemacher interessieren sich nicht für den "Wüstenfuchs", den Sieger von Tobruk, die Symbolfigur von Ritterlichkeit und einer "sauberen Wehrmacht". Der Film mit Ulrich Tukur in der Hauptrolle lenkt auch nicht den Blick auf den Schlachtenlenker im ägyptischen el-Alamein.

Dort hatte sich Rommel Ende 1942 dem Befehl Hitlers, die Stellung gegen die überlegenen Engländer unbedingt zu halten, widersetzt. Rommels einsichtsvolle Rückzugs-Entscheidung gegen den Willen des "Führers" rettete vielen Soldaten das Leben. Hitler wollte sie, wie es später mit der 6. Armee bei Stalingrad geschah, ins Feuer schicken.

Die Zerrissenheit eines unpolitischen Deutschen

Der Film, der im Herbst 2012 ausgestrahlt wird, zeigt die Zerrissenheit eines unpolitischen Deutschen, der einem Verbrecher diente, es erst merkte, als dieser den Untergang seines Volkes längst in Kauf nahm. Rommel war nie in der NSDAP, aber ein politisch erblindeter Günstling Hitlers.

Dessen "Sieg oder Tod"-Befehl bei el-Alamein öffnete Rommel die Augen, später die Berichte des Widerstandes über Kriegsgräuel im Osten und Judenvernichtungen. Der Bewunderer Hitlers wurde zum Zweifler, der einen Separat-Frieden mit den Westmächten favorisierte, nachdem deren Invasion in der Normandie im Juni 1944 das Ende eingeläutet hatte.

(RP)
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