Neuer Film "König von Deutschland" Olli Dittrich - der perfekte Durchschnitt

Hamburg · In dem Kinofilm "König von Deutschland" spielt der Komiker das personifizierte Mittelmaß. Die Rolle ist ihm auf den Leib geschneidert. Dittrich hat die Figur des Normalbürgers perfektioniert – und ist doch alles andere als das.

Für die Rolle des Durchschnittsdeutschen kann es nur einen geben. Mit dem Pommesbuden-Philosophen Dittsche hat Schauspieler Olli Dittrich dem Normalbürger ein so komisch-wahrhaftiges Denkmal gesetzt, dass er die Rolle zeitlebens nicht mehr los wird. Logisch, dass bei der Suche nach einer Filmfigur, die den deutschen Querschnitt präsentieren soll, die erste Wahl auf Dittrich gefallen ist. In "König von Deutschland" verkörpert der 56-Jährige Thomas Müller, dessen Leben als Blaupause dient, um die Konsumwünsche der Masse zu ergründen. Dittrichs Kunststück besteht nicht nur darin, trotz seines Lebens fernab jeglicher Normalität dem Mittelmaß ein Gesicht zu geben – er beweist damit, dass er der einzig legitime Nachfolger Loriots ist. Auch der hatte sich am Durchschnittsdeutschen abgearbeitet.

Er spiele gern kleine Leute, sagte Dittrich unlängst. Zudem habe er ein Allerweltsgesicht, das für die Dynamik der Figur sehr hilfreich ist. Für den Komiker scheint es ohnehin nur zwei Optionen zu geben. Entweder er schlüpft über teils extreme Masken in die Rolle eines anderen, wie in seiner bislang einmaligen Parodie-Show "Frühstücksfernsehen", und verschwindet damit fast in der Unsichtbarkeit. Oder er bleibt so, wie er ist. Normal eben. Was aber nicht heißt, dass diese Figuren keine Fallhöhe besitzen. Er sei kein Typ für Helden, sagte Dittrich der Programmzeitschrift "TV Spielfilm", ihn interessierten eher die tragikomischen Figuren. "Die auf den ersten Blick unscheinbar und normal daherkommen, aber oft umso größere Abgründe in sich tragen."

Inwieweit der Schauspieler, Komiker und Musiker dabei aus dem eigenen Erleben schöpft, sei dahingestellt. Zumindest hat er sich von seinem unscheinbaren Äußeren nicht abhalten lassen, seinen ganz eigenen, mitunter arg eigenwilligen Weg zu gehen. Angefangen beim Klampfen-Duo Die Doofen an der Seite von Wigald Boning, einem eigentlich unmöglichen Gespann, das es aber zur Vorband von Bon Jovi gebracht hat. Es folgten Parodien, etwa von Franz Beckenbauer bei "RTL Samstag Nacht", improvisierte Begegnungen mit Anke Engelke und seine Erfolgsfigur Dittsche, der Welterklärer mit Bademantel und Bierflasche. Bei allem Witz, der seinen Figuren zu eigen ist, vernachlässigt er jedoch nie deren Wahrhaftigkeit – und das wiederum ist vielleicht ein Spiegel der eigenen Abgründe.

Er habe es sich nie besonders leicht gemacht, sagte Dittrich dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", und habe es daher oft auch nicht so leicht. Bezogen war diese Aussage darauf, dass er in der ARD nicht gerade häufig auftauche. Tatsächlich macht Dittrich sich auf dem Bildschirm rar, was den seltenen, zumeist bejubelten Auftritten umso mehr Aufmerksamkeit verschafft. Vielleicht seziert er mit seinen gnadenlos wirklichkeitsnahen Parodien auch zu sehr die Unterdurchschnittlichkeit der eigenen Branche, um von ihr unterstützt zu werden. In seiner Haltung gegenüber dem Showbetrieb ist er Harald Schmidt nicht unähnlich, bei dem er häufig zu Gast war und mit dessen Wortwitz er sich absolut messen kann. Mit Mittelmaß hat das wenig zu tun.

Dennoch spielt Dittrich jetzt eben jenen Thomas Müller, der in allem so durchschnittlich ist. Er ist 1,78 Meter groß, der Sex mit seiner Frau dauert sieben Minuten, er fährt einen Volkswagen und isst am liebsten Schnitzel mit Kartoffelsalat. Leider ist der Film in den Augen der meisten Kritiker auch nur Durchschnitt. An Olli Dittrich zumindest liegt es nicht – denn der ist alles andere als das.

(RP)
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