Neue Buchverfilmung von J.K. Rowling Phantastische Tierwesen und wie ich mich in sie verliebte

Düsseldorf · Eine neue magische Episode aus der Feder von J.K. Rowling läuft in den Kinos. Unsere Autorin ist eingefleischter Harry-Potter-Fan und hat sich den Film angeschaut. Eine Rezension durch die Nerdbrille.

 Der Film „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ läuft ab jetzt in den Kinos.

Der Film „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ läuft ab jetzt in den Kinos.

Foto: dpa, csa

Ich wollte ihn nicht gut finden. Das hatte ich mir fest vorgenommen. Joanne K. Rowlings neuster Coup, die Verfilmung "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind", sollte mir nicht gefallen. Schließlich begeht die Erfinderin von Harry Potter seit Jahren einen Verrat an ihrer eigenen Welt, angefangen bei ihrer Plattform "Pottermore", auf der sie immer noch neue Details aus den Geschichten des Zauberlehrlings bekanntgibt, verlautbart, dass Harry am Ende besser Hermine geheiratet hätte. Oder sie verrät diese Welt, wenn sie die Freigabe für ein Theaterstück als Fortsetzung 19 Jahre nach dem Tod Voldemorts gibt.

Das alles ertragen Harry-Potter-Fans wie ich mit einer Mischung aus freudiger Aufregung und Wut. Freudiger Aufregung, weil wir alle süchtig nach Informationen aus Hogwarts und Co. sind, weil wir diese Welt vermissen, weil wir, wenn wir einen Gedächtniszauber ausführen könnten, sofort unsere Gedächtnisse löschen würden, um die Bücher noch einmal neu zu erleben. Wir sind aber auch wütend, weil Rowling, die mit Harry Potter zu einer der reichsten Frauen der Welt wurde, immer wieder den Eindruck macht, mit ihren neuen Ideen bloß noch mehr Geld in einem Bankverließ in Gringotts anhäufen zu wollen.

Nun also die Phantastischen Tierwesen. Natürlich kenne ich das Buch dazu. Es ist schon vor vielen Jahren von Rowling veröffentlicht worden, ist ein Lexikon aller Zauberwesen, ein Schulbuch von Harry Potter. Die Verfilmung erzählt die Geschichte des Autors des Buches, Newt Scamander, einem Magizoologen, und seinem Koffer voll magischer Wesen, mit dem er durch die Welt reist. In den ersten fünf Minuten des Films gelingt es mir, ihn blöd zu finden, angefangen damit, dass Scamander nach New York reist. Entschuldigung? Ein Harry-Potter-Film in den USA? Das geht nicht. Statt mit dem Zaubereiministerium muss sich der Held mit dem MACUSA, dem Magischen Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika, auseinandersetzen. Und Muggel, also die Nicht-Zauberer, heißen dort "No-Majs".

Figuren aus Harry Potter tauchen quasi nicht auf, was natürlich auch daran liegt, dass der Film im Jahr 1926 spielt und die meisten Figuren aus Rowlings Erstwerk zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht geboren sind. Bis auf den Schwarzen Magier Gellert Grindelwald. Der Zauberer, der in der Zukunft — Potter-Fans wissen das natürlich — von Albus Dumbledore besiegt wird, spielt eine Rolle in dem Film. Dumbledore wird ebenfalls noch zweimal erwähnt — das ist alles.

Dann kommt der Niffler. Der Niffler ist ein putziges Wesen, das aussieht wie die Mischung eines Maulwurfes und einer Ente, und der Niffler liebt alles, was glitzert. Er entwischt aus Scamanders Koffer und geht in einer Bank auf Beutezug — und stürzt seinen armen Besitzer damit ins Chaos, und zwar in einer so komischen und herzerwärmenden Weise, dass mein Sturheit nachgibt. Ich verliebe mich in den Niffler und verliebe mich in den nächsten zwei Stunden nach und nach in die ganze Welt, in der er und sein Besitzer leben. Durch ein paar unglückliche Umstände entweichen noch weitere von Scamanders Tieren, mit dem Muggel (ich weigere mich, das Wort "No-Maj" zu benutzen) Jacob Kowalski geht er auf die Jagd. Gleichermaßen ist er auf der Flucht vor dem MACUSA, der überzeugt ist, Scamander hätte einen Obscurus, ein dunkles Wesen, auf die Stadt losgelassen.

Sie ist plötzlich wieder da, diese Welt, die ich so liebe, mit Schreibtischen, auf denen herrenlose Federn etwas zu Papier bringen, mit Zauberei an der Herdplatte, Kobolden, die dich übers Ohr hauen wollen. Und all das ist da ohne Harry Potter. Wir sind in seinem Universum, aber er, der Auserwählte, ist nicht da. Rowling erzählt stattdessen neue phantastische Geschichten in einer alten, liebgewonnenen Welt. Umso klüger ist die Entscheidung, diese Geschichten in den USA spielen zu lassen. Rowling bringt keine Altlasten mit ein, keine Charaktere, von denen wir wissen, dass sie irgendwann heldenhaft sein werden, böse werden, sterben werden. Grindelwald bleibt da die Ausnahme. "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" ist damit das Beste, was seit der Veröffentlichung des letzten Harry-Potter-Buches passiert ist.

Es ist neu, anders, aber an den richtigen Stellen altbekannt. Und es kann uns aus einem weiteren Grund nicht enttäuschen: Während die Harry-Potter-Filme stets eine Verfilmung der Bücher waren und in unseren Augen immer etwas fehlte, irgendein Detail vergessen wurde, ist das hier nun nicht so. Denn das Buch lieferte zwar den Anlass für den Film, aber es ist ja nicht das Lexikon selbst verfilmt worden.

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Foto: 20th Century Fox

Rowlings neuster Coup ist ihr gelungen. Die altbekannte Mischung aus freudiger Aufregung und Wut bleibt dennoch: Der Film soll der Auftakt zu einer fünfteiligen Serie sein. Der Carlsen-Verlag wird Anfang 2017 außerdem das Drehbuch verlegen. Ein Tunichtgut, der Böses dabei denkt.

(lai)
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