Zweiter Teil von "Mockingjay" Kriegerisches Finale der "Tribute von Panem"

Düsseldorf · In "Mockingjay 2" wird Jennifer Lawrence zur opferbereiten Friedens-Soldatin. Zur Belohnung gibt's Familienidyll im Sonnenschein.

Keine Spiele mehr. Schluss mit den bonbonbunten Paraden, der zynischen Menschenjagd in der Outdoor-Arena. Die dekadente Show der Hunger-Games, diese grell inszenierten Gladiatoren-Kämpfe des digitalen Zeitalters, sind vorbei. Es herrscht Krieg in "Mockingjay 2", dem letzten Teil der erfolgreichen "Tribute von Panem"-Reihe. Die Rebellen um die junge Heldin Katniss rüsten zur finalen Schlacht gegen den Tyrannen im Kapitol. Es geht um die Freiheit. Um eine Zukunft ohne Unterdrückung und Angst. Um das Recht auf ein Leben in Beschaulichkeit.

Um das zu erreichen, ist Katniss und ihren Freunden inzwischen fast jedes Mittel recht. Sie sind Soldaten in schwarzen Kampfanzügen geworden, unterwegs ins Zentrum des Feindes. Katniss ahnt längst, dass sie für die Freiheit einen hohen Preis wird zahlen müssen: den Tyrannenmord. Sie wird sich die Hände schmutzig machen müssen für den Frieden. Und dazu ist sie bereit.

Nach den Anschlägen in Paris wird man den neuen "Tribute"-Film, der am Donnerstag in die Kinos kommt, mit anderer Sensibilität anschauen. Denn "Mockingjay 2" inszeniert eine finale Schlacht um die Freiheit - mit ernüchterten Helden, die um ihre Ideale ringen. Sie wollen Frieden und das Ende eines Unterdrückers. Doch mit sauberen Mitteln scheint ihnen dieses Ziel nicht mehr erreichbar. So erfährt Katniss gleich zu Beginn, dass auch die eigenen Leute inzwischen den Zweck wichtiger finden als die Mittel und Zivilisten in tödliche Fallen locken - "weil sie die falsche Ideologie" unterstützen.

Im Nahkampf, in direkter Auseinandersetzung mit dem Feind, wird Katniss zwar noch einmal der Menschlichkeit zum Sieg verhelfen: Einer hält ihr die Pistole an den Hals, jede Abwehr zwecklos. Mit der Macht ihrer Worte überzeugt sie ihn jedoch, die Waffe sinken zu lassen und nicht weiter an der Gewaltspirale zu drehen. Andere aber werden für ihn schießen, und so kommt es zur finalen Schlacht: An der Schwelle zum Palast des Tyrannen Snow wird die Freiheitsbewegung ihre Unschuld verlieren - und Katniss das Bewusstsein.

Die hohen Einnahmen der ersten "Panem"-Filme haben die Produzenten dazu verführt, den letzten Teil der Romanvorlage zu teilen, aus der Trilogie vier Teile zu machen. Dafür zahlen sie einen hohen Preis. Die erste Hälfte des Finales erschien bereits zäh und künstlich gedehnt. Die zweite Hälfte steht nun erneut über weite Teile im Bann des Militärischen. Die Helden, die sich einst aus Solidarität zusammentaten, um sich der Logik des Einzelkämpfertums zu widersetzen und eine zynische Menschenhatz gemeinsam zu überleben, treten nun als Elite-Kämpfer ins Glied einer Rebellenarmee. Aus Individualisten werden Soldaten.

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Zwar zeigt Regisseur Francis Lawrence packende Actionsequenzen, etwa, wenn Katniss und ihre Gefährten in die Kanalisation ausweichen müssen, um sich dem Präsidentenpalast zu nähern und dort von ihren Feinden - und ihren Ängsten verfolgt werden. Das hat man schon lange nicht mehr so atemlos und bedrohlich gesehen. Doch über weite Strecken ist dieser Abschlussteil ein High-Tech-Kriegsfilm mit statisch verteilten Rollen: die guten Rebellen gegen das böse Kapitol. Erst spät bemerken auch die Helden, dass die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen.

Erst da wird die Geschichte interessant: Aus der Soldatin Katniss wird wieder eine Einzelkämpferin. Und diesmal verbündet die sich nicht mehr, sonder trifft ganz allein eine Gewissensentscheidung, um der Freiheit zum Sieg zu verhelfen. Doch der Preis dafür ist Gewalt.

Jennifer Lawrence trägt als Katniss fast die gesamte Last dieses Films. Das schafft sie immer noch spielend, sie ist ja noch die sture, zähe, aufmüpfige Kämpferin, eine der ersten Heldinnen, die nicht allein aufgrund ihres Aussehens hervortrat, sondern weil sie selbstbewusst und unbestechlich ist - und schlauer als die anderen.

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Jennifer Lawrence kann das glaubhaft spielen, weil sie ein widerspenstiger Star ist - eine eigenwillige und starke junge Frau. Außerdem schickt ihr Regisseur sie nicht perfekt gestylt in die Schlacht. Ihr dürfen Strähnen ins Gesicht hängen und beim kurzen Schlaf im Untergrund ist sie verschwitzt und erschöpft. Dazu ist sie beständig bedroht, denn Peeta, ihr einstiger Gefährte, wurde von den Feinden einer Gehirnwäsche unterzogen. Nun ist er ein unzuverlässiger Kamerad, der Katniss jederzeit an die Gurgel gehen könnte. Die Male vom letzten Angriff trägt sie noch am Hals, diese geschundene Kriegerin, aber sie baut auf die Macht der Liebe. Und ihren kritischen Geist, ihre Unabhängigkeit und Standhaftigkeit gibt Katniss nie auf, das macht sie am Ende überlegen.

Doch als Friedens-Soldatin muss sich die tapfere Rebellin eben auch unterordnen, sie ist nicht mehr die Robin Hood im lebensbedrohlichen Dschungelcamp, sie trägt jetzt die Bürde der Gesandten, die für die ganz großen Werte kämpft. Das engt ein, macht schwerfällig und müde, und als endlich ihre Stunde schlägt, geht alles viel zu schnell. Außerdem macht der Film an dieser Stelle keinen Schnitt, sondern muss auch noch in schlichten Szenen den Frieden ausmalen. Das bricht der Heldin dann doch noch das Genick. Es gibt ein Picknick im Sonnenschein und ein Jennifer-Lawrence-Wiegenlied für die Friedenszeiten, und kein Erwachen aus diesem schrecklich süßen Traum.

Dieser Film hätte am Ende von der Freiheit erzählen können, von einem Leben voller Möglichkeiten, für das sich die Opfer gelohnt hätten. Doch das Ziel all der Kämpfe und Entbehrungen ist Familienidylle im Abendrot und eine weibliche Heldin, die sich in die bekannten Rollen zurückzieht, einläuft in den sicheren Hafen der Klischees. Von Katniss hatte man mehr erwartet.

Hier können Sie sich den Trailer des Films anschauen.

(dok)
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