Zwei Ladys fliehen an die Côte d'Azur

Nach dem Mord an Topmodel Kate Moss müssen die Society-Frauen Edina und Patsy Großbritannien verlassen. Die schrille Komödie "Absolutely Fabulous", die auf einer Fernsehserie basiert, kommt nun ins Kino.

Das Wort "Kult" wird oft überstrapaziert. Fast alles wird heute als kultig gepriesen, selbst Mainstream-Unterhaltung, die gestern noch trashig oder spießig war. Die "Lindenstraße" ist Kult, das "Dschungelcamp" ist Kult, sogar die Reality-TV-Serie "Frauentausch" ist Kult, irgendwie. Das ist natürlich Quatsch. Echter Kult ist, was qualitativ aus der Masse heraussticht und - zumindest am Anfang - eine eingeschworene und exklusive Fangemeinde hat.

"Absolutely Fabulous" ist Kult. Eindeutig. Wer damit dennoch nichts anzufangen weiß: Keine Sorge, da sind Sie in Deutschland nicht allein, und Sie haben die Chance, diese überdrehte britische Produktion nun kennenzulernen. Denn jetzt kommen Edina und Patsy mit einem atemlosen Abenteuer ins Kino.

Die Story ist im Prinzip zweitrangig, das (Party-)Leben der beiden Society-Ladys steht im Vordergrund und ihre ewigen Verstrickungen in absurd-komische Peinlichkeiten zwischen Alltagsstress und Jetset-Feierei. So machen die beiden da weiter, wo sie in der Fernsehserie aus den 1990er Jahren angefangen haben, nur eben viele Jahre später: Partys, Männer und viel, viel Alkohol. "Alle sind älter, aber nicht weiser oder vernünftiger geworden", sagte Komödiantin Jennifer Saunders, die die Serie mitentwickelt hat, kürzlich in einem Interview.

Jennifer Saunders spielt die leidlich erfolgreiche PR-Agentin Edina Monsoon, genannt "Eddy", die vom Geld ihres Ex-Mannes lebt. Ihre Busenfreundin ist die Mode-Expertin Patsy Stone, gespielt von Ex-Bond-Girl Joanna Lumley.

Lumley ist mittlerweile 70, was ihr niemand ansieht, auch wenn natürlich ein paar Fältchen hinzugekommen sind. Saunders hat im Juli ihren 58. Geburtstag gefeiert. Doch die Spuren des Alterns werden nicht versteckt, sondern gnadenlos vor die Kamera gezerrt: Ob sich Patsy nach durchzechter Nacht selbst Botox spritzt oder sich "Eddy" in immer grellere Outfits hüllt, um auf jeden Fall hip und jung zu wirken. Hinter all den derben Späßen um Suff, Sex und Superstars wird so die Oberflächlichkeit, der Jugendwahn und Promi-Kult einer Spaßgesellschaft seziert, die in der Modewelt ihren Höhepunkt findet. Einen ähnlich ernsten Hintergrund hat die Beziehung Edinas zu Tochter Saffron (Julia Sawalha), die mittlerweile selbst eine Teenie-Tochter hat und mit ihr im Haus von Edina lebt - das kann kaum gutgehen.

Und so ist man, bei allem ernsthaften Hintergrund, wieder beim Sinn des Films: Spaß. Wie in der BBC-Serie, die 1992 startete und mit Sonderfolgen bis 2012 im TV präsent war, sind auch im Film beide Frauen dauerbreit und immer auf der Suche nach dem nächsten Kick. Doch diesmal muss Edina Geld verdienen. Verzweifelt versucht sie, Topmodel Kate Moss als Klientin zu gewinnen. Sie übertreibt gnadenlos und schubst Moss dabei aus Versehen von einem Balkon in die Themse. Edina wird zum Staatsfeind Nummer eins. Patsy steht zu ihrer Freundin und flieht mit ihr an die Côte d'Azur.

Weltweite Hysterie um den Tod eines Models, eine Verfolgungsjagd mit dem Gogo-Mobil und eine doppelte Transvestitentäuschung: Das ist alles ziemlich schräg. "Absolutely Fabulous" ist schrill, schnell und überzogen. Wer Edina und Patsy genießen will, darf die Filmszenen bloß nicht mit der Realität abgleichen. Zu ernst nehmen sollte man den Film ohnehin nicht, über manche zu überkandidelte Albernheit muss man hinwegsehen und sich von Cameo-Auftritten der Mode-Stars Moss, Stella McCartney und Jean-Paul Gaultier überraschen lassen - dann ist "Absolutely Fabulous" auch im Kino fabelhaft.

Absolutely Fabulous - Der Film, Großbritannien, USA 2016, Regie: Mandie Fletcher, mit Jennifer Saunders, Joanna Lumley, Julia Sawalha, 92 Minuten

(dpa)
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