Ist das noch Kunst? Öffentliche Hinrichtung einer Ratte

Düsseldorf · Was ist noch Kunst- und was nicht? Diese Frage muss sich jeder Mensch, der ein Gewissen hat, bei dem neuesten Projekt von Künstler Florian Mehnert stellen. Elf Tage lang lässt er eine Laborratte über eine Webcam überwachen, bis er sie zum Abschuss frei gibt.

 Kann die Tötung eines Lebewesens noch als Kunst bezeichnet werden?

Kann die Tötung eines Lebewesens noch als Kunst bezeichnet werden?

Foto: Worth1000.com

Mit diesem Experiment will der Künstler einen Vergleich zum Töten von Menschen durch Drohnen ziehen und auf diese Weise der Massenüberwachung und gezielter Tötung aufmerksam machen. Bei dem Kunstexperiment "11 Tage" wird ab Samstag eine Laborratte über einen Webcam-Stream live überwacht.

Nach dem Ablauf eines Countdowns von elf Tagen, wird am 24. März eine steuerbare Waffe scharf geschaltet. Ab diesem Zeitpunkt hat jeder, der ein Smartphone besitzt oder Computerzugang hat, die Möglichkeit, die Ratte mit einem Klick zu töten. "Ich rechne mit einem Massaker", sagte der Künstler gegenüber der SZ.

Nicht nur Tierschützer wird Mehnert mit diesem Projekt treffen. Der gebürtige Kölner ist sich seiner Gratwanderung offenbar bewusst. Er wolle aber eine breite Masse ansprechen und dafür bräuchte man einen solchen "Schockmoment", sagte er.

Juristisch anfechtbar

Nicht nur ethisch ist diese Aktion fraglich, auch juristisch bewegt sich Mehnert damit auf dünnem Eis. "Laut dem ersten Paragraphen des Tierschutzgesetzes ist es verboten, einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Die Kunst stellt da keinen vernünftigen Grund dar", sagte eine Sprecherin des Tierschutzbundes auf Anfrage unserer Redaktion.

Ob der Künstler jedoch selbst für die Tötung verantwortlich gemacht werden kann, oder ob sich nur der anonyme User strafbar macht, ist noch nicht klar. Fest steht laut dem dritten Paragraphen desTierschutzgesetzes aber, dass ein Tier nicht zu einer Filmaufnahme genutzt werden darf, sofern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind.

Dass am 24. März ein Internet-Nutzer den entscheidenden Klick und damit den Schuss auf die Ratte abfeuern wird, ist laut einer Umfrage des Künstlers sehr wahrscheinlich. Rund 40 Prozent der User stimmten dafür, die Ratte tot sehen zu wollen.

Das Ratten-Projekt ist nicht die erste Aktion Mehnerts, mit der er kritisch auf Kriegsmethoden aufmerksam machen will. Bereits 2013 hatte sich der Künstler mit dem Projekt "Waldprotokolle" dem NSA-Abhörskandal gewidmet. Er platzierte damals ein Mikrofon inmitten eines Waldes und veröffentlichte danach 21 kurze O-Töne im Netz. Zu hören waren Gespräche von Passanten, die im Wald spazieren gingen. Auch 2014 sorgte der Künstler für Aufsehen. In einem Videoprojekt zeigte er damals Filmszenen gehackter Handys. Damals kündigte er an: "Wir werden sehen, wie ich weiter an der Thematik der Massenüberwachung arbeiten werde".

(skr)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort