Karlspreis in Aachen Großbritannien bleibt enger Nachbar, sagt Bundespräsident

Aachen · Die Briten wollen raus aus der EU. Gleichwohl bleiben sie der Union eng verbunden, meint Bundespräsident Steinmeier. Bei der Verleihung des Karlspreises ruft er den Nachbarn aber auf, sich über seine Rolle im Klaren zu werden.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht auch nach dem Brexit eine enge Beziehung der Europäischen Union zu Großbritannien. "Wir bleiben Nachbarn, wir bleiben eng miteinander verflochten", sagte er am Donnerstag in Aachen laut vorab verbreitetem Redemanuskript bei der Karlspreis-Verleihung an den Historiker Timothy Garton Ash. Großbritannien müsse sich deshalb die Frage nach seiner künftigen Rolle stellen: "Zurück zum alten Spiel der Balance of Power - zum misstrauischen Austarieren des Kräftegleichgewichts?"

Er wünsche sich, dass Großbritannien Teil der europäischen Idee bleibe und ihr Geltung in der Welt verschaffe, sagte Steinmeier im Krönungssaal des Aachener Rathauses. "Denn die Idee Europas, die Herrschaft von Recht über Willkür, von Freiheit über totalitäre Ideologie, die bleibt auch ein britisches Anliegen - und eine weltpolitische Aufgabe", sagte Steinmeier. Dieser Idee könne man nur gemeinsam Kraft verleihen in der Welt.

Steinmeier mahnte, angesichts der europäischen Krise nicht den Blick für das Erreichte zu verlieren. "Heute stehen natürlich die handfesten Realitäten der Europäischen Union im Mittelpunkt unserer Wahrnehmung: die Institutionen, die Prozesse, die mühsame Suche nach Kompromissen. Was uns aber nicht passieren darf, ist, dass darüber die große Idee hinter der Krise verschwindet", sagte Steinmeier.

Die Erinnerung an den langen Weg, daraus Mut zu schöpfen und mit schonungslos klarem Blick auf die Gegenwart zu schauen, das sei ein Markenzeichen des Historikers Garton Ash, genauso wie sei Appell an Europas Regierungen: "Schaut auf das Kostbare, was Europa erreicht hat - verspielt es nicht, überwindet die Krise!"

Der Historiker Garton Ash sei Europas Chronist und Gefährte. Er habe wie kein anderer Europas Wachsen und Werden in den letzten vier Jahrzehnten erlebt, erforscht und beschrieben. Garton Ash gilt als einer der renommiertesten Historiker. Der Karlspreis würdigt sein Werk zum Selbstverständnis eines freien Europas.

(dpa/hpaw)
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