Düsseldorf Gursky schlägt Fotografie-Zentrum vor

Düsseldorf · Der weltbekannte Fotografie-Künstler Andreas Gursky setzt sich dafür ein, dass in Düsseldorf ein Kompetenzzentrum für Fotografie gegründet wird. Das soll sich mit Themen wie Restaurierung, Archivierung und Lagerung befassen.

Schon heute ist Düsseldorf eine Art Hauptstadt der Fotografie, allerdings fehlte dafür bislang das Bewusstsein. Man kennt zwar die großen Fotografen, die aus der Schule von Bernd Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie hervorgegangen sind, vor allem Andreas Gursky, Thomas Ruff und Thomas Struth; noch wichtiger aber ist die Tatsache, dass Düsseldorf seit mehr als 50 Jahren eines der bedeutendsten Fotolabors der Welt beherbergt: die Firma Grieger.

Diese beiden Leuchttürme - die Akademie und der Druckdienstleister - bieten glänzende Voraussetzungen, um die Fotografie-Stadt Düsseldorf zur einer Fotografie-Metropole aufzuwerten. Darauf zielt ein Vorschlag von Andreas Gursky.

Ihm schwebt vor, dass in Düsseldorf ein "Kompetenzzentrum für Fotografie" entstehen könnte: ein Zentrum, das sich nicht in erster Linie als Ausstellungshaus versteht, sondern alles bündelt, was im Zusammenhang mit der Fotografie bedeutsam ist. Dazu zählen: Fragen der Restaurierung und Archivierung, der Lagerung und der Haltbarkeit von Fotos - und vor allem der "wahnsinnige Innovationsprozess", den die Entstehung der digitalen Fotografie eingeleitet hat. Tintenstrahl- und Laserdrucker sind nur zwei Stichwörter auf dem Gebiet der Neuerungen, die fast täglich weitere Veränderungen nach sich ziehen.

Gursky zufolge soll es in jenem "Kompetenzzentrum für Fotografie", das im gegenwärtigen Stadium noch ein alles Finanzielle und Institutionelle ausklammerndes Gedankenspiel ist, nicht nur um künstlerische, sondern auch um industrielle Fotografie gehen - und um die Schnittmengen beider Fachgebiete. Was das Künstlerische anlangt, so könnte sich das Zentrum auch um Nachlässe kümmern oder Künstlern schon zu Lebzeiten eine Möglichkeit eröffnen, ihre Dateien für die nächsten Generationen aufzubewahren - Dateien, die dann mit jedem technischen Fortschritt wieder auf neue Systeme überspielt werden müssten.

Mit welchen Aufgaben sich ein Kompetenzzentrum im Einzelnen befassen müsste, das sollte Gursky zufolge Thema eines Symposiums werden, an dem sich Künstler, Museumsdirektoren, Restauratoren und Fachleute für fotografische Techniken beteiligen. Ein unabdingbarer Partner wäre die Firma Grieger, bei der Gursky wie auch zahlreiche andere Fotografie-Künstler aus aller Welt seine Editionen herstellen lässt. Der Kanadier Jeff Wall zum Beispiel, so weiß Gursky, fliegt zweimal pro Jahr nach Düsseldorf, um seine neuesten Projekte auf den Weg zu technischer Perfektion zu bringen.

Gurskys Vorschlag unterscheidet sich erheblich von Vorstößen, die bereits anderthalb Jahre zurückliegen. Anlass war der Umstand, dass das Land Nordrhein-Westfalen seinen 650 000 Euro umfassenden jährlichen Zuschuss für das Programm des NRW-Forums am Ehrenhof mit Wirkung zum Beginn des Jahres 2014 aufgekündigt hatte, so dass die Stadt Düsseldorf jetzt die Kosten allein zu tragen hat. Da zudem die langjährigen künstlerischen Leiter Werner Lippert und Petra Wenzel ihren Rückzug erklärt hatten, stand das Konzept zur Diskussion.

Kulturschaffende aus Düsseldorf, darunter der inzwischen wegen Betrugsverdachts inhaftierte Kunstberater Helge Achenbach, aber auch die Mäzenin Gabriele Henkel und die Schauspielerin Jenny Jürgens, boten in einem Brief dem zuständigen NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin ihre Hilfe an.

Die vom Düsseldorfer Kulturdezernat forcierte Idee, das NRW-Forum dem Museum Kunstpalast anzugliedern als Zentrum für Fotografie und Neue Medien, rief Kritik hervor zugunsten einer Fortführung des bewährten Konzepts, das Medien, Fotografie, Mode, Werbung, Architektur und Design als Themen des Hauses bestimmte.

Dabei hatte Beat Wismer, Direktor des Museums Kunstpalast, gute Argumente für ein reines Fotografie-Forum: Seit mehr als zehn Jahren pflegt das Museum ein Archiv rheinischer Fotografie, es hat zahlreiche Schenkungen und Sammlungen bekommen und mehrfach durch Fotografie-Ausstellungen von internationalem Rang Aufsehen erregt, zuletzt zum Beispiel durch Präsentationen zum Werk von Gursky und Candida Höfer.

Andreas Gurskys Gedanken dagegen fliegen über die Vorstellung von einem Haus des bloßen Ausstellens und Bewahrens weit hinweg. Ihm geht es um Fotografie in allen ihren thematischen Bezügen. Und darum, Menschen zu sammeln, die seine Begeisterung teilen.

(RP)
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