Analyse Hans Barlach war stets der Buhmann

Berlin / Hamburg · Der Medienunternehmer hatte seinen Kampf um den Suhrkamp-Verlag vor einem halben Jahr vor Gericht verloren. Sein plötzlicher Tod mit 59 wirft ein Licht auf einen Mann mit Gestaltungswillen.

Hans Barlach war stets der Buhmann
Foto: dpa, arn fdt ent

Neun Jahre währte der erbittert und verbittert geführte Kampf um den Suhrkamp-Verlag, bis am Ende das Bundesverfassungsgericht entschied - gegen Hans Barlach und seine Pläne. Nicht der überraschende und so frühe Tod des gerade einmal 59-jährigen Medienunternehmers - er starb jetzt an den Folgen einer Lungenentzündung - besiegelte seine Suhrkamp-Niederlage, sondern die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft vor gut einem halben Jahr. Damit hatte der Minderheistgesellschafter Sonderrechte eingebüßt und mit ihnen seinen auch gestalterischen Einfluss auf den wohl berühmtesten deutschen Verlag der Nachkriegszeit.

Barlach war auf Umwegen an die Suhrkamp-Anteile gekommen: Zunächst hatte der Schweizer Unternehmer Andreas Reinhart seinen Suhrkamp-Besitz an Claus Grosser verkauft, der dafür aber das nötige Geld nicht hatte und den Freitod wählte. Danach wurde das Paket im Wert von damals fünf Millionen Franken an Barlach weitergereicht.

Der bald darauf entflammte Streit erschien den meisten wie der Kampf zwischen der Schönen und dem Biest, zwischen der Verlegerwitwe Ulla Berkéwicz und ihm, dem umtriebigen Emporkömmling, dessen Herkunft - er ist Enkel des Bildhauers Ernst Barlach - zum Ausweis seiner Seriosität nicht ausreichte. Barlach reüssierte im Immobiliengeschäft, stieg bei der "Hamburger Rundschau" und "TV Today" ein; war geschäftsführender Verleger der "Hamburger Morgenpost". Das reichte vielen Suhrkamp-Autoren, in ihm den Buhmann zu sehen. Es gab Zusammenkünfte der Suhrkamp-Schriftsteller, Proklamationen folgten, Diffamierungen auch. Ein "Abgrundböser" sei Barlach, wusste beispielsweise Peter Handke. Plötzlich ging es um die Verteidigung eines Mythos, der nicht gewandelt, nicht einmal bedacht und erst recht nicht populärer werden durfte.

Hans Barlach stand die meiste Zeit allein auf weiter Flur; eine wirkliche Chance zu beweisen, dass auch er dem Verlag eine Zukunft weisen könnte, hatte er eigentlich nie. Sein Interesse an einer inhaltlichen Entwicklung aber musste man ihm abnehmen. Denn wer im 21. Jahrhundert sein eigenes Kapital gehörig vermehren will, investiert wohl kaum in einen Buchverlag.

Aus dem Weg zur Aktiengesellschaft hat sich Ulla Berkéwicz - deren verlegerische Kompetenz Barlach zu oft und zu laut infragegestellt hatte - aus der Verlagsleitung zurückgezogen. Mit Jonathan Landgrebe ist ein Ökonom neuer Suhrkamp-Verleger geworden. Das sind zwei Veränderungen im Verlag, die länger schon eingefordert worden waren: von Hans Barlach.

(RP)
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