München Hanser geht mit eigenem Digitalverlag in die Zukunft

München · Der Name ist denkbar funktional: "Hanser Box" heißt die vielleicht jüngste, vor allem aber eine der spannendsten Verlagsneugründungen. Der Ableger des renommierten Münchner Hanser-Verlags wird ab 1. Oktober unveröffentlichte Werke ausschließlich als E-Book anbieten. Es sollen schnelle Titel sein, 20 bis maximal 100 Seiten stark zum Preis zwischen 1,99 und 4,99 Euro. Und alle Textformate sind erlaubt, von der Kurgeschichte bis zum Essay. Jeden Mittwoch wird es eine neue Hanser-Box geben.

Die Absicht ist klar, Hanser will Trittsicherheit bekommen in einem sich zunehmend wandelnden Terrain. "Das Verlegen ändert sich, das Lesen ändert sich. Da dürfen wir nicht fehlen", erklärte Jo Lendle, der den Verlag seit Beginn dieses Jahres leitet. Ob die Publikationsform kleiner Texte in kurzer Abfolge dem digitalen Markt entspricht, wird sich noch zeigen müssen. In der Branche allgemein gilt noch der Grundsatz, dass es im E-Book-Bereich für große Lösungen noch zu früh sei und dass es erst einmal darum gehen müsse, die richtigen Fehler zu machen.

Zumal der E-Book-Markt in Deutschland entgegen der öffentlichen Wahrnehmung noch immer eine bescheidene Rolle spielt mit einem Marktanteil von zuletzt etwa vier Prozent. Weil darum auch der Erfolg der Hanser-Box keineswegs selbstverständlich ist, startet das Programm mit den Top-Autoren des Verlags wie T. C. Boyle, Henning Mankell, Thomas Glavinic, Javier Marias und Janne Teller. Die Hanser-Box könnte aber auch literarisch ein spannendes Unternehmen werden und möglicherweise Autoren künftig zu einer neuen und schnell geschriebenen Kurzform anregen. Dann wäre die Hanser-Box nicht nur lukrativ, sondern auch stilbildend.

(RP)
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