Duisburg/Essen Harun Farockis Essener Vermächtnis

Duisburg/Essen · Drei Ausstellungen im Ruhrgebiet befassen sich künstlerisch mit dem Thema Arbeit.

Die mutmaßlich spektakulärste Ausstellung der Ruhrtriennale lässt noch auf sich warten: Wie der Mönchengladbacher Künstler Gregor Schneider das Museum Bochum umbaut, davon wird man sich erst vom 29. August an einen Eindruck verschaffen können. Schließlich konnte Schneider erst mit der Arbeit beginnen, nachdem ihm die Stadt Duisburg das zugesagte Röhren-Projekt im dortigen Lehmbruck-Museum mit vorgeblicher Rücksicht auf die Opfer der Loveparade unzumutbar spät gestrichen hatte.

Andernorts zeigt sich die Ruhrtriennale schon jetzt von ihrer bildend-künstlerischen Seite. Die eindrucksvollste Schau ist eine Installation des kürzlich gestorbenen Harun Farocki im Essener Museum Folkwang. Drei Jahre lang reisten Farocki und seine Ehefrau Antje Ehmann in Metropolen, um mit Filmmachern Kurzfilme zum Thema Arbeit zu drehen. In maximal zwei Minuten sollte das Thema ohne Schnitt abgehandelt sein.

Eine Essenz dieser Schnipsel ist nun auf mehreren Leinwänden in einem verdunkelten Raum zu erleben: Szenen, in denen Menschen aus aller Welt Tiere schlachten, Textilien herstellen, Transportkarren ziehen, Hochregale betreuen oder mit altertümlichen Vorschlaghämmern ein Haus abreißen, während auf der Schnellstraße nebenan luxuriöse Neuwagen vorüberrauschen. In einem anderen Film nähen Kinder Hüte zusammen. In hundert Jahren wird man sich solche Bilder vermutlich so ansehen, wie wir heute über verruckelte schwarz-weiße Szenen der Jahrhundertwende staunen, über Szenen vom Bergbau im Ruhrgebiet und vom nicht minder harten Leben auf dem Lande. In manchen Szenen von Farockis Projekt hält schon das 21. Jahrhundert Einzug: im Operationssaal zum Beispiel und in einer Zahnarztpraxis.

In einem anderen Vorführungssaal des Museums Folkwang zeigen der Choreograf Boris Charmatz und der Filmmacher César Vayssié auf der Grundlage einer Performance der vorigen Ruhrtriennale 25 Bewegungen von Tänzerinnen und Tänzern, die im Staub der Halde Haniel in Bottrop gestikulieren, hüpfen oder sich wälzen. Auch dies scheint ein Beitrag zum Thema Arbeit zu sein: Bilder vom täglich Gleichen und vielleicht auch von der geschundenen Kreatur.

Im Landschaftspark Duisburg lässt sich eine dritte Installation der Ruhrtriennale entdecken: ein 70 Meter langer, aus wackeligen Aluminiumplatten bestehender Laufsteg entlang der Hochofenstraße. Die brasilianischen Künstler Rejane Cantoni und Leonardo Crescenti ermuntern die Besucher des rostigen Industriedenkmals gut gelaunt zum lärmenden Spaziergang über die Platten, in denen sich der Hochofen spiegelt. Sie rühmen ihr Werk namens "Melt" - Schmelze - als "interaktiv" und "kommunikativ", doch in Wirklichkeit nimmt es sich angesichts des majestätisch aufragenden Hochofens wie eine Kinderbelustigung aus.

Öffnungszeiten Museum Folkwang, Essen: Di. bis So. 10-18 Uhr, Fr. bis 22 Uhr; bis 28. September; Landschaftspark Nord, Duisburg: täglich von 10 bis 23 Uhr, bis Ende September

(RP)
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