Düsseldorf Helge Achenbach redet im Gefängnis über Bescheidenheit

Düsseldorf · Erstmals ist es einem Journalisten gelungen, mit dem in der Justizvollzugsanstalt Essen inhaftierten ehemaligen Kunstberater Helge Achenbach (63) ein Interview zu führen. Achenbach ist wegen Betrugs in 18 Fällen zu sechs Jahren Haft verurteilt, doch wegen beantragter Revision ist dieses Urteil noch nicht rechtskräftig. In diesem Fall kann nicht die JVA über die Genehmigung eines Interviews entscheiden, sondern nur das Landgericht.

Die Zeitschrift "Bunte" berichtet in ihrer jüngsten Ausgabe davon, was der Düsseldorfer Achenbach dem n-tv-Kunstexperten Wolfram Kons anvertraut hat. "In den ersten Tagen war es wirklich ein Albtraum. Da habe ich oft an Abschied und Selbstmord gedacht", so erinnert sich Achenbach. Eine gewisse Ruhe finde er nun in der Routine des streng geregelten Alltags: Er putze Toiletten, wasche Sporttrikots, helfe bei der Essenverteilung und singe im Kirchenchor der Anstalt. Sonntags schreibe er Briefe und arbeite an seinen Erinnerungen, die er irgendwann als Buch veröffentlichen möchte.

Seiner Familie gegenüber empfindet Achenbach "Scham und Schuld". Die Zeitschrift zitiert ihn mit den Worten: "Ich habe ihnen gesagt, es ist totaler Irrsinn, was ich gemacht habe. Ich glaube, die Kinder haben mir verziehen." Und zu seiner Rolle als Ehemann äußert er: "Ich glaube, dass mich Dorothee schon einige Male im Geist heftig in den Hintern getreten und verflucht hat."

Achenbach denkt bereits an die Zeit nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis. Angeblich wollen ihm Freunde helfen: "Sie wollen mir in Düsseldorf eine alte Halle mieten, so ein paar Hundert Quadratmeter groß, und wollen, dass ich jüngere Künstlerinnen und Künstler kuratiere und zeige." Auch ein Online-Portal solle eingerichtet werden. Achenbach erklärte im Interview, er wolle dann wieder groß ins Geschäft einsteigen und Millionen verdienen - so wie früher, nur klüger, allerdings nicht mehr als Berater: "Ich hasse den Gedanken, dass ich nur fünf oder zehn Prozent nehmen darf. Ich bin derjenige, der junge und zeitgenössische Kunst promotet und verkauft."

Im Übrigen übt sich Achenbach in ungewohnter Bescheidenheit. Wenn er nicht zu alter Größe zurückfindet? "Dann gehe ich halt nicht in Restaurants, sondern stelle mich an den Grill und biete eine Bratwurst an." In seiner Jugend sei er "mit ein paar Hundert Dollar durch die Welt gereist, nach Mexiko und überallhin". Luxus und Ruhm brauche er nicht mehr. Ein Spaziergang am Rhein mit Hund und Familie sei genauso schön.

Das Interview läuft am Mittwoch, 30. September, ab 18.30 Uhr auf n-tv.

(bm)
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