Bottrop Holländer auf Halde

Bottrop · Richard Wagners "Der fliegende Holländer" unter freiem Himmel in Bottrop.

Die Zeche Prosper Haniel ist seit der Schließung der Zeche Auguste Victoria das letzte aktive Steinkohlenbergwerk im Ruhrgebiet. Das Amphitheater auf der Abraumhalde dieser Zeche ist also keines jener Industrie-Denkmäler, die zweckentfremdet wurden für Kultur und Unterhaltung und ihren nostalgischen Charme verströmen.

Es ist vielmehr ein Ort, der die Urgewalt dieser Industrie noch ohne beschönigende Patina transportiert. Roh und archaisch wie die Kraterlandschaft einer Vulkaninsel ist diese Spielstätte, zu der sich die Busse mit den Zuschauern in engen Serpentinen heraufquälen. Oben ist der Blick phänomenal, doch dann muss man hinabsteigen in den Krater, in dem nun tatsächlich die Premiere von Wagners "Der fliegende Holländer" stattfindet. Tags zuvor musste die Generalprobe noch abgesagt werden, da die Gewitter des Wochenendes den Krater geflutet hatten. Mehr als 60 cm hoch stand das Wasser, und die Technik hatte gelitten. Zur Premiere ist das Glück der ehrgeizigen Produktion hold: blauer Himmel und Sonnenschein.

Der "Holländer" hat eine Vorgeschichte: Bereits vor sechs Jahren gab es, unterstützt von der Kulturhauptstadt 2010, eine "Aida" in der Arena. Das kam so gut an in der Stadt, die weder Orchester noch Theater besitzt und sich auch sonst in Sachen Hochkultur nicht messen kann mit ihren Nachbarn, dass man mehr wollte. Mit Sponsoren und vereinten Kräften wurde nun der "Holländer" in Angriff genommen. Wieder führt der gebürtige Bottroper Thomas Grandoch Regie, die Neue Philharmonie Westfalen spielt unter der Leitung von Valtteri Rauhalammi, örtliche Chöre und erfahrene Solisten singen.

In der Luft liegt der Geruch von Currywurst, eine sonst unübliche Pause sorgt für Catering-Umsatz, und ohnehin kreisen munter die Rotweinflaschen.

Die konsumkritisch gemeinte Inszenierung bietet Schrilles und manche Ungeschicklichkeit, der Ton ist, gelinde gesagt, eine Katastrophe, denn das Orchester sitzt in einer Kiste hinter einer Art Frischhaltefolie, die Boxen mulmen nur dumpf Dröhnendes und lassen die überwiegend gut aufgelegten, leider übersteuerten Sänger oft sehr allein.

Doch was macht das, die strengen Wagnerianer und Opernkenner sind eh zuhaus geblieben. Dafür klatscht das wenig vorbelastete Publikum fröhlich rein in Orchesterzwischenspiele, wenn ein optischer Effekt gefällt, wie etwa eine gewaltige Stichflamme. Und wenn eine silberne Limousine in einem gold ausgeschlagenen Seecontainer aufleuchtet, springen manche gar vom Sitz. Und der Holländer sieht aus wie Johnny Depp im "Fluch der Karibik". Was will man mehr?

(RP)
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