Debatte Ist der Terror-Lkw schon reif fürs Museum?

So atemlos ist unsere Zeit, dass mitten in der Trauer über die Opfer des Berliner Terroranschlags schon über den Verbleib des Lkw diskutiert wird. Konkret: Ist es denkbar, dass dieses fahrende Mordwerkzeug im Bonner Haus der Geschichte demnächst einen festen Platz haben wird? Wenigstens ein Teil davon und zudem eingebunden in einen historisch sorgsam aufgearbeiteten Ausstellungskontext? Das hat man jetzt Hans Walter Hütter gefragt, den Präsidenten des Museums. Und der gab seriös Erwartbares zur Auskunft: dass es erstens zu früh und zweitens grundsätzlich vorstellbar sei. Schließlich bewahrt und zeigt das Haus auch andere mörderische Exponate - ein Bundeswehr-Fahrzeug, das in Afghanistan beschossen wurde; ein Flächenschussgerät von RAF-Terroristen. Warum also nicht auch der Lkw?

Diese Frage ist weitreichender, als man zunächst glaubt. Denn sie hat verschiedene Deutungsperspektiven. Zunächst: Soll es ein Denkmal für die Opfer sein, vor dem Hinterbliebenen trauern können? Oder wird der Berliner Lkw im Haus der Geschichte den Terror schneller, als es die Wirklichkeit erlaubt, museal machen, also historisch beglaubigt abhaken? Schließlich: Mit der Archivierung des Fahrzeugs deuten wir den Terror hierzulande beinahe schon als eine Epoche. Wir machen ihn weit über das furchtbare Ereignis hinaus zu einem prägenden Merkmal unserer Zeit. Auch dafür scheint es entschieden zu früh zu sein. Der Umgang mit solchen Dokumenten ist nie wertfrei. Wir haben eine Vergangenheit, aber wir geben uns eine Geschichte. Und ein Museum als Stätte der Bewahrung konserviert unsere Erinnerung und bestimmt das Bild unserer Zeit. Der Umgang mit den Fundstücken unserer Vergangenheit muss in hohem Maße sorgsam und verantwortlich geschehen. Wahrscheinlich sei der Lkw ohnehin zu groß für das Bonner Museum, hieß es, so dass man auf ein Detail zurückgreifen müsste. Das aber dokumentiert am Ende nichts. Es wäre kaum mehr als ein Objekt, das uns schaudern lässt. Es wäre eine Reliquie des Hasses. Ein solcher Umgang mit Geschichte ist mehr als fragwürdig; er wäre gefährlich. Lothar Schröder

(RP)
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