Düsseldorf Jetzt feiert New York die Zero-Künstler

Düsseldorf · In New York, Berlin und Amsterdam wird die Düsseldorfer Avantgarde-Gruppe über 50 Jahre nach Gründung gefeiert.

Der eine malte mit Feuer, der andere inszenierte Material mit Licht, der dritte setzte Zeichen mit dem Nagel. Otto Piene, Heinz Mack und Günther Uecker gingen in den 1960er Jahren einen wichtigen Weg ihres Künstlerlebens gemeinsam. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches in Deutschland, nach der Überwindung des Hitler-Diktats und der Doktrin der sogenannten "entarteten" Kunst standen sie als junge Männer, die Kunst machen wollten, ganz alleine da. Ohne starres Konzept, ohne gültige Vorbilder, ohne Mittel. Frei von jedem geistigen Ballast wollten sie neu beginnen, das Geldverdienen spielte dabei vordergründig keine Rolle, obwohl es tatsächlich existentiell war in einer Zeit, in der die meisten Deutschen arm waren, in der Künstler an Aufschwung und Wirtschaftswunder nicht teilhatten.

Dies alles ist rund 50 Jahre her; seit der Trennung der drei Protagonisten, 1966, ist jeder von ihnen seinen eigenen Weg gegangen, und jeder ist berühmt geworden. Seit einigen Jahren erst hat man die Marke Zero verstärkt wiederentdeckt und neu bewertet - sowohl in Museen als auch auf dem Kunstmarkt. In einer ungewöhnlichen Gemeinschaftsaktion zwischen New York, Berlin und Amsterdam soll die Zero-Bewegung jetzt ganz groß gewürdigt werden. Ein später Triumph ist das.

"Basierend auf einem Forschungsprojekt können wir die größte und umfangreichste Ausstellung präsentieren, die es je zu dieser Bewegung gegeben hat", sagt der Direktor der Zero-Foundation, Mattijs Visser. Den Auftakt macht vom 10. Oktober an das renommierte Guggenheim Museum in New York, am 20. März folgt der Martin-Gropius-Bau in Berlin, ab 4. Juli ist das Stedelijk in Amsterdam letzte Station. Jede Ausstellung setzt unterschiedliche Schwerpunkte, und jede soll die Bewegung aus verschiedenen Blickwinkeln vorstellen.

Die Zero-Stiftung, 2006 in Düsseldorf gegründet, unterstützt die Forschung und Projektentwicklung von Zero-Kunst mit neun Millionen Euro aus dem Stadtsäckel. Für Visser hat die Gruppe große Aktualität. "Diesen Künstlern kam es nicht darauf an zu verkaufen. Ihnen waren das Experiment und der Austausch untereinander wichtig", sagt der Stiftungsdirektor. "Angesichts der heutigen Mechanismen auf dem Kunstmarkt und dem immer stärkeren Konkurrenzdenken kann man viel von dieser Haltung lernen."

Den Namen "Zero" hatte sich die von Piene und Mack 1958 gegründete Gruppe selbst gegeben; drei Jahre später schloss sich Uecker an; acht Jahre nach Gründung löste sie sich wieder auf. Der Name war das Ergebnis monatelanger Suche. "Wir verstanden Zero als Bezeichnung für eine Zone des Schweigens und neuer Möglichkeiten, nicht als Ausdruck des Nihilismus oder Gag." Das hatte Otto Piene erklärt, und dass man bei Null an den Start gehen würde - jeder auf seine Weise in regem Austausch mit der internationalen Szene jener Zeit. Yves Klein, Piero Manzoni und Lucio Fontana gehörten dazu: Fontana, der Leinwandschlitzer, galt als Urvater von Zero, er hatte schon 1946 eine dynamische Kunst mit Klang, Licht und Bewegung gefordert, was Kern der Zero-Utopien war. Manzoni hatte seinerzeit Aufsehen erregt, indem er Kot in Dosen konservierte, Klein ist berühmt geworden durch seine monochromen Bilder, die die intensivst blauen sind, die man sich vorstellen kann.

In Düsseldorf agierte und agitierte die Zero-Gruppe avantgardistisch. Die drei Männer waren verwegen. Manche hielten sie sogar für verrückt. Sie schrieben Manifeste, reisten in die Ferne wie Heinz Mack, der in der Antarktis und in der Wüste seine Ideen vom absolut autonomen Kunstwerk in voraussetzungsfreien Räumen überprüfen wollte. Erste Ausstellungen wurden in Ladenlokalen improvisiert. Mit ihrer puristischen Auffassung von Ästhetik revolutionierten Piene, Mack und Uecker das Selbstverständnis von Kunst: neue Themen, neue Farbtheorie, Abschied von der Gegenständlichkeit, Aufbruch zur radikalen Erweiterung des Kunstbegriffs. Schnell entwickelte sich die Zero-Gruppe zu einer der international einflussreichsten Kunstbewegungen der Nachkriegszeit, eines der wenigen gemeinsam erarbeiteten Kunstwerke - der "Lichtraum (Hommage à Fontana) - stand 1964 auf der Documenta 3. Heute ist es im Besitz des Museum Kunstpalast in Düsseldorf und bald schon in New York zu bewundern.

(RP)
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