Bensberg Kirche lockt jetzt mit Synoden-App

Bensberg · Die katholischen Bischöfe sorgen sich auf ihrer Vollversammlung um den Nachwuchs an Priestern und Gläubigen.

In der Ferne sieht man die Kölner Bucht, am Abend rot erleuchtet von der untergehenden Sonne. Hoch über den Dächern von Bensberg, umgeben von einem Park mit Streuobstwiese, liegt das Thomas-Morus-Haus. Das kirchliche Tagungszentrum des Kölner Erzbistums, ein schlossartiges Gebäude, war als Priesterseminar errichtet. An diesem stillen Ort findet noch bis heute die Frühjahrsvollversammlung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK) statt.

Erholsam waren die Beratungen der 62 Bischöfe und Weihbischöfe aber nicht. Denn die katholischen Oberhirten beschäftigten sich mit drängenden gesellschaftlichen Fragen wie dem grassierenden Rechtspopulismus. "Wer Populisten das Wasser abgraben will, sollte das Thema soziale Ungleichheit ernst nehmen", sagte der katholische Bischof von Essen, Franz-Josef Overbeck. Soziale Ungleichheit könne Wohlstand, Demokratie und den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährden. Doch die Bischofskonferenz steckt in einem Dilemma: Am konservativen Rand des Katholizismus gibt es auch deutliche Überschneidungen: Fromme Katholiken und Politiker der AfD treffen sich zu Demonstrationen für das Lebensrecht ungeborener Kinder; auch die Islamfeindschaft der Rechtspopulisten wirkt auf manche Kirchenmitglieder anziehend. Overbeck jedenfalls fiel es erkennbar schwer, sich von den Petrys, Gaulands und Höckes dieser Welt zu distanzieren. Er plädierte für eine sachliche und kritische Auseinandersetzung mit den Rechtspopulisten, einen "Diskurs strittigster Art". Ob Christen die AfD wählen können? Die Antwort blieb schwammig: Christen sollten sich bei ihrer Wahl auch daran orientieren, ob eine Partei die Menschenwürde achte oder dialogfähig sei.

Daneben war es vor allem der Nachwuchsmangel, der in Bensberg auf der Tagesordnung stand. Man sei "voller Sorge angesichts der Zahl der Priesterweihen", so der Berliner Erzbischof Heiner Koch gestern. Mit nur 58 neuen Priestern und 573 Studenten in den Seminaren haben die Katholiken 2015 einen Tiefstand erreicht - nicht umsonst gewinnt die Diskussion um die Zulassung verheirateter Männer zum Priesteramt - der "Viri Probati" - immer mehr an Raum. Auch der Vorsitzende der DBK, Reinhard Kardinal Marx, der heute über die Ergebnisse des bischöflichen Studientags berichten will, wird sich dazu äußern müssen. Und auch die Priester sind zunehmend unzufrieden mit ihrer Situation, mit Überlastung, Gemeindezusammenlegungen und pastoralen Räumen. "Ich als Priester möchte an etwas teilhaben, was Zukunft hat", sagt der Präses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, Dirk Bingener. "Ich will nicht der Nachlassverwalter einer längst vergangenen Epoche sein." Und auch der Umgang der Kirche mit Homosexualität und die fehlende Weihemöglichkeit für Frauen schrecke viele junge Leute ab, sich in der Kirche zu engagieren.

Gestern sprach der Jugendbischof der DBK, Stefan Oster, schon von einem "metaphysischen Graben": "Die Generation der heutigen Jugendlichen kommt nicht automatisch mehr mit Kirche in Berührung." Der Vatikan hat deswegen beschlossen, das Thema Jugendarbeit zum Thema der nächsten Bischofssynode zu machen. Einen Online-Fragebogen für Jugendliche soll es dazu ebenso geben wie eine Synoden-App. Doch an der konkreten Frage, wie mehr Jugendliche für den Glauben, die Kirche und im letzten Schritt auch für eine berufliche Tätigkeit in der Kirche gewonnen werden können, müssen Deutschlands Bischöfe wohl noch kräftig arbeiten müssen. "Wir haben uns wohl zu sehr auf eine institutionalisierte Form des Gläubigwerdens verlassen", sagt Oster. "Dass man nach der Kindertagesstätte, dem Religionsunterricht, der Ministrantenzeit und der Jugendarbeit mit 18 das fertig ausgebildete gläubige Produkt hatte - das funktioniert schon lange nicht mehr."

(RP)
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