Düsseldorf Königin des Folk: Joan Baez wird 75

Düsseldorf · Die US-Sängerin ist auch durch ihre vielen Proteste zur Legende geworden.

So eine wie Joan Baez gibt es nicht mehr. Weil sich die Zeit, die sie geboren hat und die sie berühmt werden ließ, gehörig wandelte. Zumal heute das Wort "friedensbewegt" eher zu den belächelten Eigenschaften eines Menschen zählt und sich eine Gegenkultur nicht mehr zur Akustik-Gitarre artikuliert, sondern vielstimmig und diffus in Internetforen. Und so ist Joan Baez dann immer mehr das geworden, was eine Mahnerin niemals werden möchte: eine Legende.

Baez, die am Samstag 75 Jahre alt wird, hat das nie sonderlich gestört. Sie ist eine Kämpferin, keine Moralistin. Doch zumindest hat sie zu bedenken gegeben, das ein Protest, der ernst gemeint ist und auf Veränderung zielt, risikoreicher sein muss als einen Hashtag zu retweeten.

Joan Baez, die schon als 18-Jährige mit ihrem Auftritt beim Newport Folk Festival 1959 berühmt und in Woodstock zehn Jahre später dann als Star gefeiert wurde, handelt lieber als eine überzeugte Aktivistin: Sie ist mit Martin Luther King marschiert, sie hat Anfang der 70er - mitten im Vietnamkrieg - zu Weihnachten in einem Luftschutzkeller in Hanoi gesungen; sie ist im Gaza-Streifen aufgetreten und 1989 im revolutionären Prag. So viele Märsche, so viele Proteste - weil die Welt voll von Ungerechtigkeiten ist.

Es ist nicht leicht, ihre Leistung gerecht zu würdigen, weil vieles bei ihr ikonenhaft wurde - selbst die Musik. Wer Joan Baez hört, denkt unwillkürlich an "We shall overcome" and "The Night They Drove Old Dixie Down", auch an "Swing Low" und "Donna, Donna" - und obligatorisch auf Deutsch gesungen: "Sag mir, wo die Blumen sind" sowie Bettina Wegners "Sind so kleine Hände". Joan Baez wird mit ihrem hohen, zerbrechlich wirkenden Sopran geliebt dafür, gelegentlich aber auch mit Häme gestraft. Als eine kleine, makellose Jungfrau Maria des Protests diffamiert man sie mitunter.

Vielleicht wird noch die Zeit kommen, in der die Musikerin Joan Baez stärker gewürdigt wird - so, wie es einst ihr Geliebter aus jungen Jahren tat. Für Bob Dylan nämlich ist sie die "Königin des Folk".

(los)
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