Duisburg Körperkunst vom Metzger

Duisburg · Jana Sterbak umkreist im Lehmbruck-Museum das Thema Vergänglichkeit.

Jana Sterbak hält sich bedeckt. In einer baumwollenen Ganzkörpermaske tritt sie vor Presse und Kameras, und selbst auf drängende Nachfragen gibt sie ihr Gesicht, ihren Körper nicht preis. Es gehe um ihre Objekte, nicht um sie, sagt die 1955 geborene tschechisch-kanadische Künstlerin, deren Ausstellung "Life Size. Lebensgröße" von morgen an im Lehmbruck-Museum zu sehen sein wird.

Jana Sterbak ist nicht so abgehoben, wie sie wirkt. Denn bekannt wurde sie durch ein Kleid aus Fleischstücken, das sie für Lady Gaga entwarf und in dem die Sängerin vor sieben Jahren für "Bad Romance" die Auszeichnung für das Video des Jahres entgegennahm. Sie trug das Kleid als Bekenntnis, dass jeder für seine Prinzipien kämpfen müsse und sich nicht auf "das Fleisch auf unseren Knochen" reduzieren lassen dürfe. In Duisburg kann man nun lernen, dass Lady Gaga die Dinge sehr positiv sah. In Wirklichkeit nämlich geht es bei der Kunst vom Metzger um Vergänglichkeit, um das "Ablaufdatum aller lebenden Dinge", wie Sterbak sagt.

Das Original des Fleischkleids hängt im Centre Pompidou, ein zweites in Minneapolis. Für Ausstellungen erteilt die Künstlerin jeweils die Erlaubnis zur Anfertigung einer Kopie - die am Ende der Schau zerstört wird. Das Personal des Lehmbruck-Museums hat die jüngste Ausgabe höchstselbst gepökelt und zusammengenäht, ein Metzger aus Duisburg-Rheinhausen lieferte die erforderlichen 30 Kilogramm.

Die Ausstellung zeigt, dass Fleisch für Jana Sterbak nur ein Material unter vielen ist. Zwar besteht auch der "Stuhl Apollinaire" aus getrocknetem und damit lange haltbarem Fleisch, doch es gibt auch ein "Brot-Bett", ein eisernes Gestell mit einer Matratze aus Gebackenem. An anderer Stelle schleppt "Sisyphus Sport" einen Stein wie einen Rucksack mit sich herum. Und mehrfach verweisen Video und Film darauf, dass sich einige Objekte erst innerhalb einer Performance entfalten: "Fernbedienung II" zum Beispiel, ein überdimensionierter Reifrock aus Aluminium, mit dem eine Person durch den Raum rollen kann. "Proto-Sisyphus" ist ein Mann, der in einem schulterhohen Käfig ständig in Bewegung bleiben muss, um das Gleichgewicht zu halten. Eine "Heiße Krone" schließlich, ein metallener Ständer mit elektrisch glühendem Aufsatz, verkörpert der Künstlerin zufolge die gefährliche Macht, die ein Herrschaftszeichen verleiht. Jana Sterbak versteht sich auch als politische Künstlerin im Gefolge des Prager Frühlings.

Wo ihre Objekte nach Menschen verlangen, hält sie sich selbst meist zurück und schickt Models vor, gern halbnackte Männer. Es muss nicht immer Lady Gaga sein.

Info bis 11. Juni; Friedrich-Wilhelm-Straße 40, Di.-Fr. 12-17, Sa./So. 11-17 Uhr; Eintritt: neun Euro, erm. fünf Euro

(B.M.)
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