Köln Kraftwerk-Musiker Karl Bartos gibt Konzert in Köln

Köln · Nach einer Stunde spielt Karl Bartos "Without a trace of emotion" und emanzipiert sich federleicht von der Geschichte, die zentnerschwer auf seinen Schultern lasten müsste. Auf den Leinwänden ist das Bild zu sehen, das ihn einst berühmt machte: Bartos als emotionslose Roboterpuppe. Dann langsam, zur fast schon schlageresken Melodie dieses Songs, schafft sich der echte Bartos in der Videocollage Platz. Das ist auch eine Ansage in Richtung Kraftwerk. Karl Bartos steht heute in der Mitte. Es ist schon eine Ironie des Schicksals, dass Bartos ausgerechnet an dem Tag seine erste Tournee seit acht Jahren beginnt, an dem Ralf Hütter, sein ehemaliger Kollege von Kraftwerk, mit dem Grammy für das Lebenswerk der Band ausgezeichnet wird. Die Musiker verbinden nicht nur gute Erinnerungen.

In der Live Music Hall stellt Bartos sein aktuelles Album vor, das "Off the record" heißt, es ist eine wunderbare Scheibe. Bartos weint der Vergangenheit keine Träne nach und stellt sich dennoch in die Tradition der besten Kraftwerk-Platten. Von 1975 bis 1990 galt er als "der Zweite von links", dabei schrieb er an den maßgeblichen Werken der Techno-Pioniere mit.

In Köln spielt er Songs aus seinem gesamten Oeuvre: Kraftwerk-Nummern wie "Computer Liebe", viele neue Stücke, etwa das wuchtige "Atomium", das seine Kraft aus vier geloopten Schlägen gegen den Beat generiert. Bartos wird von den Computermusikern Mathias Black und Robert Baumanns begleitet, oftmals lächelt er hinüber, wie erleichtert, weil das Konzept so sehr aufgeht.

Drei Leinwände im Hintergrund zeigen dieselben Reproduktionen, reibungslos sind Bild und Ton in jedem Takt abgestimmt. Man sieht die Mintropstraße, wo das Kling-Klang-Studio war, verliert sich in den Datenströmen der unvermeidlichen Einsen und Nullen. Erst der Bass, der in der Magengrube wummert, holt einen zurück. Eine Verbeugung nach anderthalb Stunden, Karl Bartos tritt mit seinen weißen Turnschuhen vor die Apparaturen.

(RP)
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