Foto-Projekt “Alienation” Die Aliens sind mitten unter uns

Düsseldorf · Ein einfacher Trick reicht der südafrikanischen Fotografin Anelia Loubser, um ganz Vertrautes in etwas bizarr Fremdes zu verwandeln. Ihr sehenswertes Projekt "Alienation" legt nahe, welche Abgründe sich in unserer Welt auftun können, wenn sich nur eine Kleinigkeit verändert.

Alienation: Fotografin Anelia Loubser zeigt das Fremde in uns
16 Bilder

Alienation: Fotografin Anelia Loubser zeigt das Fremde in uns

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Der erste Eindruck auf die Porträts von Anelia Loubser erschlägt einen. Dabei hat sie nur Menschen abgelichtet. Aus nächster Distanz, schwarz-weiß. Die Bilder hat sie um 180 Grad gedreht und damit auf den Kopf gestellt. Zudem sind die Bilder beschnitten: Nur noch Augenpartie und Stirn sind zu sehen. Seitdem sie sie im Internet veröffentlicht hat, staunen Menschen weltweit darüber.

Der Effekt auf den Betrachter ist atemberaubend. Weil unser Hirn auf Routine geeicht ist, sortiert es der Augenpartie spontan die Stirnfalten als Mund zu, die zerfurchte Mittelpartie interpretiert es als deformierte Nase. Erste Assoziationen führen einen zu Jabba the Hutt, dem monströs-unförmigen Wesen aus dem Star-Wars-Kosmos. Mit einfachsten Mitteln hat Loubser gewöhnliche Menschen in groteske Wesen verwandelt.

Wie groß der Kontrast zu den Eindrücken ist, die bei einer normalen Begegnung mit den Porträtierten entstehen, zeigt die Fotografin bei Facebook: Dort sind die fotografierten Menschen auch unverfremdet zu sehen.

Einer der zentralen Gedanken, die die Fotografin bei ihrer Arbeit vor Augen hatte, stammt von dem amerikanischen Psychotherapeuten Wayne Dyer: "Änderst du den Blick auf die Dinge, dann ändern sich auch die Dinge." Ein anderer, den sie auf ihrer Facebookseite im Zusammenhang mit ihrer Biografie zitiert, lautet: "Fotografie befasst sich immer mit Geheimnissen. Den Geheimnissen, die wir alle haben und über die wir niemals sprechen werden" (Kim Edwards).

Da ist was dran. Zumal die Bilder einen bemerkenswerten Effekt erzielen: Sie zwingen den Betrachter, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Nur so lässt sich der erste so befremdliche Eindruck auffangen und in der eigenen Erfahrungswelt einordnen. Plötzlich sieht man tiefe Furchen, schiefe Augen, tiefe Augen. Und kommt dem porträtierten Menschen näher, als es sonst jemals der Fall wäre.

Gleichzeitig macht "Alienation" deutlich, dass Gewohnheiten auf Dauer den Blick auf das Wesen der Dinge verstellen können. Oder wie die Fotografin es ausdrückt: Den Blick auf das Unwesen in uns.

(pst)
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