"Barbara" verziert Schilder Das Kleben ist schön

Düsseldorf · Unter dem Pseudonym "Barbara" verziert, veralbert und beantwortet eine Künstlerin Schilder im öffentlichen Raum. Zu Recht hat sie mehr als 120.000 Facebook-Fans: Die Schilder sind vergänglich, die Botschaften bleiben im Kopf.

Neues aus dem Schilderwald
8 Bilder

Neues aus dem Schilderwald

8 Bilder
Foto: Barbara/Lübbe Verlag

Fast müsste man den Idioten dankbar sein, die Hakenkreuze an Wände schmieren. Denn beim Anblick eines dieser Symbole, die einen auch in der kleinsten und krakeligsten Ausführung gruseln lassen, brach er sich erstmals Bahn, der Drang von "Barbara", den hässlichen, lauten Botschaften im öffentlichen Raum etwas entgegenzusetzen. Damals, als sie noch ein Kind war, hatte ihr Großvater versucht, das Hakenkreuz von einer Hauswand zu entfernen, mit seinem Taschentuch und Spucke. Ergebnislos, natürlich.

Beim nächsten Opa-Enkelinnen-Spaziergang überklebte sie die Schmiererei mit dem Bild einer lachenden Sonne. Heute bearbeitet und beantwortet sie vor allem Schilder. Mit Werbebotschaften und Warnhinweisen, geschraubt an Masten oder Mauern von Privatleuten und Kommunen.

Das Schönste daran: Das als Aggression empfundene Verhalten der anderen wird nicht erwidert wie bei der Zerstörung von Radarfallen oder auch großflächigen Graffiti. Maximal ein paar Tage oder Wochen überdauerten ihre Werke, sagt die Künstlerin, die Wert darauf legt, anonym zu bleiben, "aber oftmals überleben sie nur wenige Stunden oder Minuten". Die Botschaften aber bleiben im Kopf.

Gebote, Verbote, Kaufaufforderungen allüberall

Denn bei allem Spieltrieb hat ihr Spott doch meist ein konkretes Ziel. "Barbara" kämpft häufig gegen die Botschaften der Schilder und immer gegen ihren Tonfall — Gebote, Verbote, Kaufaufforderungen. Dem setzt sie entgegen: "Atmen bleibt in Deutschland bis auf Weiteres erlaubt. Und gratis." Verwandelt ein Hinweisschild auf Landwirtschaftlichen Verkehr in eine Kritik am Trash-TV ("Landwirt sucht Geschlechtsverkehr. RTL."), Bank-Werbung in ein Lob für sehr gut einparkende "Berliner Parkasse" sowie Mütter und Kinder von Fußgängerzonen-Schildern in die Pärchen Putin/Schröder und Merkel/Gabriel.

Ihr Lieblingsfeind? "Die omnipräsente Drohung 'Eltern haften für ihre Kinder' ist nicht nur überflüssig, sondern sagt viel über unsere Gesellschaft aus, in der es Menschen nicht gerade einfach gemacht wird, Kinder in die Welt zu setzen." Dass sie auf ihre Kinder achten sollten, wüssten Eltern ohnehin, sagt sie dazu, und: "Die meisten Länder dieser Erde kommen ohne solche Schilder aus."

Um so schöner, dass der deutsche Schilderwald mit "Barbara" nun eine Försterin hat.

Liebesgrüße aus Heidelberg.#HDGDL

Dieser Text ist zuerst in der digitalen Sonntagszeitung der Rheinischen Post erschienen, die Teil der App für iPad und Android-Tablets ist. Mehr unter www.rp-app.de

(tojo)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort