Ausstellung des Fotografen Platon Den Mächtigen ins Gesicht geschaut

Düsseldorf · Im Auftrag des "New Yorker" schuf der Fotograf Platon Antoniou während der Hauptversammlung der Vereinten Nationen in New York eine einzigartige Porträtreihe: In nur fünf Tagen fotografierte er in seinem improvisierten Studio im UNO-Gebäude am East River mehr als hundert Staats- und Regierungschefs. Jetzt sind seine Arbeiten in Wien zu sehen.

Irans Mahmoud Ahmadinejad erlaubt sich ein leise drohendes Lächeln, Heinz Fischer neigt den Kopf nachdenklich zur Seite und Barack Obama blickt ganz staatsmännisch in die Kamera, während Silvio Berlusconi seinen Mund zu einem süffisant anzüglichen Grinsen verzieht.

"Man gewährte Platon nicht viel Zeit mit seinen Modellen. In den meisten Fällen hatte er sie gerade mal ein paar Minuten vor seiner Kamera sitzen, manchmal reichte es nur zu vier oder fünf Aufnahmen. Aber trotz dieser gravierenden Beschränkungen hat man keine Sekunde lang den Eindruck, Platon könnte Fotos der Art gemacht haben, wie Staatsoberhäupter sie gerne von sich verbreiten lassen", meint David Remnick, Chefredakteur des New Yorker, zu dieser Porträt-Serie.

"Bei der Arbeit ist Platon ein Charmeur, versucht, seine Modelle auf unpolitische und humorvolle Art auf seine Seite zu ziehen. Dabei ist er hochkonzentriert. Er ist weit mehr als ein Techniker mit sozialem Talent. Seine Arbeit ist ein ständiger Kampf mit Modellen, die viel Übung darin haben, sich aufdringliche Blicke vom Leib zu halten. Meistens bleibt er Sieger", so Remnick weiter.

Die fünfzig eindrucksvollsten Beispiele aus diesem Zyklus präsentiert nun die Wiener Galerie WestLicht. Gewählte Staatsoberhäupter finden sich dabei neben Diktatoren und Revolutionären. Einige davon sind inzwischen nicht mehr an der Macht, einige vom Volk gestürzt.

Platon vereint die so unterschiedlichen Charaktere dank eines sehr spezifischen und stringenten fotografischen Stils. Nahsichtig, frontal, in scharfer Auflösung versammelt er seine Protagonisten.

Die großformatigen Bilder (ca. 76 x 100 cm) bestechen durch ihre Intensität und Direktheit. Platon ermöglicht mittels seiner formalen Konsequenz einen direkten Vergleich.

Es entsteht ein homogenes Panoptikum von Mächtigen unterschiedlichster Prägung. Dem Betrachter ist somit selbst überlassen herauszufinden, was diese Gesichter verraten, welche Charakterzüge und Eigenschaften sie offenbaren — er kann seine Eindrücke mit seinem Wissen abgleichen und eigene Schlüsse ziehen.

"Auf eine gewisse Weise behandle ich sie alle demokratisch", sagt Platon. "Meine Art zu fotografieren vereint sie: die Guten, die Schlechten, die Mächtigen, die Schwachen — alle durcheinander. Das sind die Zeiten, in denen wir leben."

Platon. Gesichter der Macht
21.02. — 22.04.2012

WestLicht. Schauplatz für Fotografie
Westbahnstraße 40
1070 Wien

(csr)
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