Der Erste Weltkrieg in Farbe Die Ur-Katastrophe vollzog sich in Farbe

Köln · Ein blutrotes Mohnfeld in der Champagne, die Ruinen von Verdun unter wolkenlos-blauem Himmel, hinter grünen Tarnnetzen versteckte gewaltige Geschütze: Der neue im Kölner Taschen-Verlag erschienene Bildband "Der Erste Weltkrieg in Farbe" zeigt bislang kaum bekannte historische Farbfotografien, die Pioniere des vor 100 Jahren gerade erfundenen neuen Mediums in den verschiedensten Kampfgebieten des Weltkriegs machten.

Nach Angaben von Autor Peter Walther, der für den Bildband rund 320 Bilder aus Archiven in Europa, Asien und Australien zusammentrug, dürften weltweit etwa 4.000 Farbfotografien des Kriegsgeschehens erhalten geblieben sein. Gerade mal ein Tausendstel der Schwarz-Weiß-Fotos aus der Zeit.

Die Farbfotografien wirken verstörend, aus der Zeit gefallen. Aus der üblichen historisch schwarz-weißen Distanz rückt der Erste Weltkrieg in den Farbbildern plötzlich ganz nah. Andererseits ist klar, dass die Fotografien nur einen kleinen Ausschnitt der Kriegsschrecken dokumentieren.

Meist entstanden sie im Auftrag der Kriegspropaganda und wollten entweder die eigenen militärischen Erfolge oder das Barbarische des Feindes darstellen. Das gilt gleichermaßen für den Stuttgarter Fotografen Hans Hildenbrand wie für die französischen oder britischen Farbfotografen.

Bilder aus der vordersten Frontlinie entstanden so kaum, auch weil es unmöglich war, die schwere, unhandliche Kameraausrüstung schnell auf- und abzubauen. Auch mussten die farbempfindlichen Fotoplatten mehrere Sekunden belichtet werden. Deshalb zeigen die Bilder oft die sorgsam ins Szene gesetzten Kriegspausen im Schützengraben, Soldaten beim Wäschewaschen oder die Ergebnisse der erbitterten Kämpfe: zerstörte Städte und tiefe Bombenkrater. Aber auch die schon zu Kriegszeiten errichteten Soldatenfriedhöfe mit Tausenden Kreuzen.

Dem zu Kriegsbeginn erbittert umkämpften elsässischen Hartmannsweiler Kopf, einem Vogesengipfel mit strategischer Bedeutung über der Rheinebene, widmet Walther ein Kapitel des Bandes. Wo die Staatspräsidenten Francoise Holland und Joachim Gauck am 3. August den Grundstein für die erste gemeinsame französisch-deutsche Erinnerungsstätte an die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts legen wollen, zeigen die historischen Fotografien die in monatelangen Kämpfen kahl geschossenen Berghänge, kilometerlange Schützengräben mit Betonfestungen und Stacheldrahtsperren.

Besonders beklemmend wirkt die Bilderserie über Kinder in Paris, die in brutal realistischer Weise den Krieg nachspielen: inklusive einem selbst gebauten Kampfflugzeug und der "Erschießung" eines Kindes, das mit verbundenen Augen den kriegsgefangenen Deutschen spielen muss.

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Das Buch: Walther, Peter, Der Erste Weltkrieg in Farbe, 384 Seiten, 320 Farbfotografien, Taschen-Verlag, Köln, 2014, 39,99 Euro.

(KNA)
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