Kabarettisten geben Krisen-Tipps (1) Dieter Nuhrs Rezept ist Daddeln statt denken

Düsseldorf (RP). Politiker und Ökonomen rätseln, wie die Wirtschaftskrise zu lösen ist. Fünf Kabarettisten aus unserer Region, Dieter Nuhr, Ludger Stratmann, Jürgen Becker, Klaus-Jürgen Deuser und Kai Magnus Sting, sind da ein Stück weiter: Sie verraten, wie's weitergeht, wenn Kneipen kein Kölsch mehr haben, Fortuna wieder nicht aufsteigt oder der Reißverschluss an Baustellen nicht funktioniert.

Deutsche Comedy-Elite bolzt beim "Vip Kick"
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Foto: rpo, Johannes Bornewasser

Dieter Nuhrs Rezept ist: Daddeln statt denken

"Ich weiß, in Deutschland ist immer Krise. Aber dieses Mal wird es ganz schlimm! Da bin ich sicher. Schließlich bin auch ich Deutscher. Deshalb sehe ich neben der Klimakrise und der kommenden Wirtschaftskrise für 2009 weitere, vielleicht noch schwerer wiegende Krisen auf uns zukommen.

Ich will jetzt nicht gleich mit der Fortuna anfangen. Aber — doch. Es läuft schon wieder auf den vierten Tabellenplatz hinaus. Da ich nicht nur Deutscher bin, sondern im speziellen Düsseldorfer, bin ich mit Fortuna als Dauerkrise aufgewachsen. Fortuna hat mich gestählt — und wenn mehr Investmentbanker Fortuna-Fans wären, sie hätten die Finanzkrise vorausgesehen.

Das Gleiche gilt für die Autoindustrie. Was kann man tun? Vielleicht sollten wir uns wieder darauf besinnen, dass man Autos auch mit zwei Rädern bauen kann. Wenn man dann noch auf Pedalantrieb umstellt, würden auch normalbetuchte Bürger wieder zum Neuwagen greifen. Vielleicht muss man aber auch nur warten, bis die zu erwartende Deflation alles so billig gemacht hat, dass man das neue Auto beim Kauf eines Nassrasierers dazu bekommt.

Die drohende Deflation ist ein weiteres Damoklesschwert des kommenden Jahres. Alles wird billiger! Schrecklich! Viele Bürger werden auf den Kauf von Schwarzbrot oder Mürbeteilchen verzichten, weil sie hoffen, die Waren am Jahresende drei Prozent billiger zu bekommen — der Kleinbürger als Backwaren-Spekulant.

Womit wir bei der Ökonomisierung des Alltags wären — der schlimmste Krisenherd unserer Tage. Früher ging es nicht immer nur ums Geld — schon weil man keines hatte. Da zählten noch die menschlichen Kleinigkeiten. An Weihnachten verschenkte man Nüsse und Mandarinen und die Kinderaugen glänzten, schon weil der Kohlenqualm zur Bindehautentzündung führte. Heute gibt es eingeflogene Mangos und die Wii von Nintendo. Gut so. Das hilft, die Krisen angenehm zu überstehen. Daddeln statt Denken. Spaß gegen Trübsal. Das ist nicht das Schlechteste ..."

Dieter Nuhr geboren am 29. Oktober 1960 in Wesel, Staatsexamen fürs Lehramt (Geschichte und Kunstpädagogik), 1987 erste Kabarett-Auftritte, seit 1994 mit Solo-Programmen unterwegs, 1998 Deutscher Kleinkunstpreis

(RP)
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