Neues Sachbuch Eva Braun — Hitlers Geliebte

Düsseldorf (RP). Ein sachliches Buch der Historikerin Heike B. Görtemaker beleuchtet die Beziehung der Lehrerstochter Eva Braun zum Jahrhundertverbrecher, mit dem sie einen Tag nach der Hochzeit in den Tod ging.

Düsseldorfer spürt Hitlers Wagen auf
3 Bilder

Düsseldorfer spürt Hitlers Wagen auf

3 Bilder

Eine Hochzeit als Vorbereitung auf den Doppel-Selbstmord am Tag nach der Trauung — auch das Ende Adolf Hitlers und seiner Langzeit-Geliebten und Kurzzeit-Ehefrau Eva Braun kann man sich kaum abgründiger, makabrer vorstellen.

30. April 1945, mittags zwischen 15 und 16 Uhr im "Führerbunker", metertief unter der Erde der bereits von sowjetischem Granatfeuer beschossenen Gegend um die Berliner Reichskanzlei: Lehrerstochter Eva Braun, 33 Jahre jung, blond, hübsch, an Modechic, Reisen und Fotografie mehr interessiert als an Politik, seit rund 30 Stunden verheiratet mit dem Mann, der ihr Anfang Oktober 1929 in einem Münchner Fotogeschäft als "Herr Wolf" vorgestellt wurde und der sie "mit seinen Augen verschlungen hatte", zerbiss die Ampulle mit Blausäure.

Eva Hitler, geb. Braun, starb umgehend. Der neben ihr auf dem Sofa sitzende Ehemann, den das Volk als nur "mit Deutschland verheirateten" Junggesellen kannte (aus propagandistischen Gründen kennen sollte), nahm auch Gift und schoss sich gleichzeitig eine Kugel in die rechte Schläfe. Man trug die Leichen nach draußen vor den Bunker, übergoss sie mit Benzin und zündete sie an — so wie es der "Führer" verfügt hatte.

Eva Braun, die von Hitler im aller engsten Kreis "Hascherl" genannt wurde, und die 1932, drei Jahre nach dem Kennenlernen im Fotoladen, zur heimlichen Geliebten des Jahrhundertverbrechers wurde, hätte auf dem Obersalzberg, Hitlers Alpen-Refugium bei Berchtesgaden, bleiben können, als in Berlin das Ende nahte. Aber Eva Braun war seit längerem zum Äußersten entschlossen: Sie wollte an der Seite des Mannes aus dem Leben scheiden, der sie mal mit altösterreichischem Charme bezauberte, mal "wie den letzten Dreck" (Hitler-Biograph Kershaw) behandelte, ihr beharrlich die Rolle als "die Frau an seiner Seite" verwehrt hatte.

Psychologen sprechen von einem "Treuekomplex". Eva Braun, über die die Historikerin Heike B. Görtemaker im C.H.Beck-Verlag ein sachliches, lesenswertes Buch verfasst hat, drängte es ein paar Wochen vor dem Ende vom luftigen Berghof in den Alpen in den muffigen Berliner Bunker, ein steinernes Loch, in dem es nach Alkohol, Tod und Teufel roch und ein von schlechten Nachrichten, Parkinson-Zittern und Zornesbeben geschüttelter Diktator mit dem Leben abgeschlossen hatte.

Am Ende bleibe ihm in Treue fest nur Eva und seine Schäferhündin Blondi, soll der überall Verrat witternde, mehr schlurfende als gehende 56-Jährige seiner Sekretärin Traudl Junge zugeraunt haben. Die unbedingte, ja hündische Treue, muss es gewesen sein, die Hitler an seiner Teilzeit-Geliebten am meisten gefallen hat. Zweimal, 1932 und 1935, hatte sich Eva Braun bereits auf ganz besonders drastische Weise seine Aufmerksamkeit sichern wollen, eine Beachtung, die man temporär nennen könnte.

Beide Selbstmordversuche, so verzweifelt oder schlau inszeniert sie gewesen sein mögen, erzielten aus Eva Brauns kalkulierender Sicht Wirkung: 1932 zeigte sich der bindungsscheue, unstete Nazi-Führer entschlossen, sich fortan mehr um "das Mädchen zu kümmern". Hitler, auf dem Sprung zum Reichskanzler, fürchtete wohl Gerede über seine ungeordneten privaten Verhältnisse. Ein Jahr vor Eva Brauns erstem Selbstmordversuch hatte sich Geli Raubal, die von Hitler angeblich abgöttisch geliebte Tochter seiner Halbschwester, mit Hitlers Revolver erschossen.

1935 schluckte Eva Braun eine Überdosis Tabletten, auf dass sie rechtzeitig gerettet und der meist ferne Geliebte ihr mehr Zuwendung schenke. Hitler reagierte auf seine Weise: Er schenkte ihr ein Haus in München, nahe seiner Bleibe am Münchner Prinzregentenplatz in Bayerns Metropole. Dort soll "Fräulein Braun" häufig über Nacht geblieben sein. Für das Volk blieb Eva Braun bis zum bitteren Ende eine Art Privatsekretärin des "Führers".

Allein im Berghof durfte Eva Braun im Kreis der ergebenen Chauffeur-Sekretärinnen- und Adjutanten-Runde sichtbar die Erste unter Gleichen sein. Nur Hitlers "Fräulein Eva" konnte es sich erlauben, den zu nächtelangem Monologisieren über die Weltlage, die Bedrohung Deutschlands durch wirkliche oder eingebildete Feinde neigenden Diktator sachte um Einhalt zu bitten. Dann sagte sie etwa "Es ist schon spät" und tastete dazu — aus Hitlers verklemmter Sicht fast eine unzulässige Intimität — mit ihrer Hand nach seinem Arm.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort