Selfie für 36.000 Dollar Ist Ivanka Trump Kunst?

New York · Ivanka Trump postet gerne Selbstporträts auf Instagram. Ein Fotograf hat das zu Kunst gemacht. Jetzt zieht er sein Werk aber wieder zurück – aus "moralischen" Gründen. Und er überweist der Tochter des künftigen US-Präsidenten das Geld zurück.

Ivanka Trump, die Tochter des designierten US-Präsidenten Donald Trump.

Ivanka Trump, die Tochter des designierten US-Präsidenten Donald Trump.

Foto: dpa, msc hjb

Ivanka Trump postet gerne Selbstporträts auf Instagram. Ein Fotograf hat das zu Kunst gemacht. Jetzt zieht er sein Werk aber wieder zurück — aus "moralischen" Gründen. Und er überweist der Tochter des künftigen US-Präsidenten das Geld zurück.

Richard Prince wird stets als Künstler bezeichnet, dabei ist er noch viel stärker Punk und Hofnarr, und vor rund zwei Jahren verkaufte er ein Bild an Ivanka Trump. Das Motiv hatte er von Trumps Instagram-Account übernommen, es ist ein Selfie der Tochter des künftigen US-Präsidenten, und es zeigt sie beim Geschminktwerden. Ivanka Trump hatte das Bild selbst online gestellt, sie postet ja oft Selfies, und Prince fotografierte es lediglich mit seinem iPhone ab, zog es auf eine Leinwand und signierte es. Dann verkaufte er das Bild für 36.000 Dollar. Und zwar an Ivanka Trump.

Das allein ist schon ziemlich gaga und funktioniert sehr gut als Satire auf Kunstmarkt und Narzissmus. Es kommt aber noch besser. Richard Prince hat jetzt nämlich bei Twitter geschrieben, er ziehe die Autorenschaft an dem Werk zurück. "Das ist nicht mein Werk. Ich habe es nicht gemacht. Ich verleugne es. Und ich kündige meinen Vertrag." In Anlehnung an einen noch jungen, aber schon berühmten Ausspruch von Ivanka Trumps Vater Donald ergänzte er: "This is fake art." Die 36.000 Dollar überwies er zurück.

Nun muss man sagen, dass der 67 Jahre alte Prince berühmt wurde mit Anverwandlungen bereits vorhandener Werke. Seine prominenteste Arbeit stammt aus den 1980ern: Prince fotografierte damals Details aus der Marlboro-Werbung ab, Cowboys vor viel Horizont zumeist. Er vergrößerte die Ausschnitte und signierte sie. "Appropriation Art" nennt man das. Kürzlich wurde eines dieser Bilder für 3,4 Millionen Dollar versteigert.

Die Methode von Prince erinnert an das Märchen von "Des Kaisers neuen Kleidern". Man kann lange darüber diskutieren, ob das Kunst ist und warum. Das Trump-Bild entstand zu einer Zeit, als Prince sich im großen Stil bei Instagram bediente. Er übernahm Bilder samt Namen der Urheber und signierte sie.

Galerist Larry Gagosian verkaufte die "New Portraits" auf der Frieze Art Fair: Stückpreis 90.000 Dollar. Die Leute, die die Bilder auf ihrem Instagram-Account gepostet hatten, erhielten nichts. Mancher Urheber prozessierte, doch Prince bekam Recht: Freiheit der Kunst. Prince bringe das Verhältnis von privat und öffentlich aus der Balance, jubelte Kunstkritiker Jerry Saltz.

Den Widerruf der Autorenschaft bezeichnet Prince als "politisch moralischen Akt" gegen Papa Trump. Dass das Quatsch ist, weiß er selbst. Er hat dem Werk seine Autorenschaft geradezu aufgedrängt, er bleibt der Autor, im öffentlichen Gedächtnis zumal. Und wenn man bisher sagen konnte, dass Prince so genial ist wie der Kunstmarkt verdorben, wirkt dieser scheinbare Protest arg wohlfeil. Denn natürlich ist das Werk jetzt erst recht wertvoll.

Es hat nun eine Geschichte, wird zur Trophäe. Der Bildhauer Robert Morris hat 1963 Ähnliches gemacht. Weil der Architekt Philip Johnson eine seiner Arbeiten nicht fristgerecht bezahlt hatte, sprach Morris dem eigenen Werk quasi als Bestrafung in einem eidesstattlichen Dokument ihren ästhetischen Wert ab. Heute steht das Objekt im MoMA.

Prince ist durch seine Aktion noch berühmter geworden. Ivanka Trump womöglich noch reicher. Sie soll übrigens ihrerseits die 36.000 Dollar an Prince zurück überwiesen haben. Vielleicht wandert der Betrag nun auf ewig hin und her, als virtuelle Performancekunst sozusagen, als abstraktes Denkmal für die Bescheuertheit der Gegenwart.

(hols)
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