Kunstsammlung NRW wird 50 Jahre Kunst kaufen mit Museumsrabatt

(RP). Nicht der beste Anlageberater der Welt hätte dem Land NRW zu einer vergleichbaren Wertsteigerung verhelfen können. So lobte HSCB-Trinkaus-Chef Andreas Schmitz bei einer Festrede die Kunstsammlung. Der Banker hatte recht: Wer Kunst im günstigen Moment mit dem nötigen Sachverstand anschafft, schafft nicht nur Erbauliches, sondern Werte an.

 Marion Ackermann ist die Leiterin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.

Marion Ackermann ist die Leiterin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.

In der Kunstsammlung hat der Kunstkauf Tradition. Was Werner Schmalenbach und Armin Zweite auf der Grundlage einer respektablen Klee-Sammlung angelegt haben, diesen wundervollen Tresor, darf Marion Ackermann in die Zukunft führen. Vor ihrem Amtsantritt haben ihr der damalige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff die Aufgabe schmackhaft gemacht, indem sie den Etat, über den Zweite verfügte, deutlich erhöhten – auf zwei Millionen. Dabei ist es geblieben – auch nach dem Regierungswechsel zu Rot-Grün. Die agile Museumschefin weiß um die Verantwortung, die sie auch mit den Steuergeldern der nordrhein-westfälischen Bürger übernommen hat.

Rund 20 Werke sind es bis heute, je nachdem, ob man alle Einzelstücke oder Werkkomplexe zählt, noch mehr. Mit dem Erwerb eines wundervollen "Stabile Mobile" Alexander Calders (1898-1976) begann ihre Ära; Ackermann wollte es damals unbedingt haben und stimmte dem politisch eingefädelten Transfer von der Insel Hombroich in die Kunstsammlung gerne zu. Seitdem wurde ständig zugekauft: Katharina Fritschs Zeitungsillustrationen etwa, um das Werk der internationalen Künstlerin zu ergänzen. Vom Kölner Künstler Jürgen Klauke erwarb man eine über die Zeit weisende Fotocollage – Klauke fehlte noch in der Sammlung. Gerade erst wurde zum 50. Jubiläum der 100. Klee erworben – ein seltenes Aquarell. Die Namen der Künstler sind klangvoll: Annette Messager, Thomas Hirschhorn, Sarah Morris, Joop van Lieshout, Monika Sosnowska, Wilhelm Sasnal, Olafur Eliasson und andere.

Dabei hat Ackermann neben der Qualitätssicherung, die den Ruhm des Hauses festigt, auch eine stärkere Durchdringung von Sammlung und Ausstellungen im Sinn. "Aus der Sammlung heraus möchte ich Ausstellungen anregen und aus den Ausstellungen heraus die Sammlung bereichern." Ihre Schwerpunkte beim Kunstkauf ähneln denen der Vorgänger: Es sei heute eher die Ausnahme, in der Klassischen Moderne noch Neuerwerbungen aufzustöbern, die bezahlbar sind. Nur von einigen Künstlerinnen könne man noch zukaufen, sagt Ackermann. Das zweite wichtige Feld der Sammlung ist die amerikanische Moderne. Schmalenbach hatte seinerzeit noch ein bedeutendes Gemälde von Jackson Pollock erwerben können, das gerade erst entstanden war. Bei der amerikanischen Moderne will sie weiter zukaufen, auch um die Nahtstelle zur Klassischen Moderne dichter zu gestalten. Einer von Ackermanns Schwerpunkten liegt auf den Künstlerräumen. Ihr Vorgänger hatte bereits solche Rauminstallationen angeschafft, darunter singuläre wie der von Nam June Paik, den es nur in drei Versionen auf der Welt gibt (in Düsseldorf steht der europäische), oder den Genter Raum von Imi Knoebel, den seltenen Brodthaers-Raum und den Ilya-Kabakov-Raum.

Ackermanns Künstlerräume sind noch hintersinniger, greifen in architektonische Zusammenhänge ein oder haben dienende Funktion. So wurde als Museumscafé ein Kunstwerk bei dem Niederländer van Lieshout in Auftrag gegeben, die Außenplatzgestaltung übertrug sie Sarah Morris, und die verwunschene Arbeit Olafur Eliassons markiert den Museumsraum und dessen Verbindung zur Außenwelt. Ackermann will akzentuieren, wie sich das Museum von der realen Welt unterscheidet: Sie betrachtet das Museum als eine betretbare Installation; die Räume in einem Museum erfahre der Besucher mit allen Sinnen als eine Art Gegenwelt.

Ihre Anregungen bezieht Ackermann aus ihrem direkten Umfeld, aus Atelier-, aus Ausstellungs- und Messebesuchen. Kunstberater setzt sie nicht ein. Aber sie hört auf ihre Kuratoren. Am Ende ist jeder Ankauf eine einsame Entscheidung. Die öffentliche Begründung trägt sie einer dreiköpfigen Ankaufskommission vor, die ihr mitunter auch empfiehlt, den Preis herunterzuhandeln. Museumschefs erhalten im Handel bis zu 20 Prozent Rabatt, da jeder weiß, dass die öffentliche Hand nicht so belastbar ist. Und manchmal gibt es tatsächlich noch "Schnäppchen". Für weniger als 3000 Euro hat sie kürzlich eine schräge Arbeit von Matthew Buckingham erworben. Wer weiß, wer sich diesen Künstler in zehn Jahren noch leisten kann?

(RP)
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