Bayreuther Festspiele Wolfgang Wagner beim Abschied den Tränen nah

Bayreuth (RPO). Nach 57 Jahren verabschiedete sich der 88-jährige Wolfgang Wagner. Sein letzter Auftritt war bewegend: Der scheidende Patriarch nahm in einer Probehalle hinter dem Festspielshaus auf dem Grünen Hügel Ovationen seiner Mitarbeiter und Weggefährten entgegen - gerührt und den Tränen nah.

Bayreuther Festspiele: Wolfgang Wagner beim Abschied den Tränen nah
Foto: AP, AP

Rund 750 Gäste aus Kunst und Politik waren erschienen, darunter der bayerische Kunstminister Thomas Goppel und der Oberbürgermeister von Bayreuth, Michael Hohl. Nach der letzten Aufführung der diesjährigen Festspiele ist für den Abend die Verabschiedung durch Ministerpräsident Günther Beckstein geplant.

Eine bühnengerechte Inszenierung gab es bereits bei der Abschiedsfeier am Mittag: Wagner thronte auf einem Stuhl aus Edelholz, dessen Lehnen Drachenköpfe zieren. Dieser Stuhl war zu Beginn der Zeremonie hinter einer Stellwand aus schwarzem Samt verborgen. Als Helfer diese entfernten, brandete tosender Beifall auf. Wagner erhob sich mehrmals kurz, grüßte, lächelte und nickte in die Menge. Als sogar "Huuuu"-Schreie ertönten, zogen sich Wagners Mundwinkel nach unten, seine Augen schienen feucht. Unterstützung erhielt Wagner von seinen beiden Töchtern aus erster und zweiter Ehe, Eva Wagner-Pasquier (63) und Katharina (30), die sich gemeinsam an der Seite ihres Vaters zeigten.

Kurz darauf schon donnerten Blechbläser die ersten Stöße eines Wagner-Marsches in die Halle. Rund 80 Orchestermusiker, die von Festspieldirigent Christian Thielemann geleitet wurden, sowie der Festspielchor aus etwa 60 Sängern erwiesen Wagner so die Ehre. In der anschließenden Laudatio lobte Peter Emmerich, der Pressechef der Festspiele, den Richard-Wagner-Enkel als "unprätentiös und pragmatisch", nichts Menschliches sei ihm fremd. Emmerich sagte, mit Wagner gehe in Bayreuth ein Zeitalter zu Ende. "Ich hoffe, Sie verlassen die Bühne als glücklicher Mensch."

Die Feierlichkeit klang aus mit einer Kostümshow, die Gestalten aus Bayreuther Wagner-Opern des vergangenen halben Jahrhunderts zeigte. Nach Ende des offiziellen Teils bildete sich eine lange Warteschlange von Weggefährten, die ihm persönliche Worte sagten. Der 88-Jährige richtete keine offiziellen Worte an das Publikum. Am Samstag wird er 89 Jahre alt, am Sonntag ist sein letzter Tag als Festspielleiter. Über seine Nachfolge soll am nächsten Montag der Stiftungsrat in Bayreuth entscheiden.

Lebenslanger Vertrag

Wolfgang Wagner hatte die Festspielleitung 1951 gemeinsam mit seinem Bruder Wieland übernommen, der 1966 starb. Wolfgang Wagner öffnete Bayreuth auch anderen Regisseuren und sorgte mit anfangs umstrittenen Inszenierungen von Patrice Chéreau, Heiner Müller und Christoph Schlingensief für Aufsehen.

Er hat es verstanden, das berühmte Opernspektakel weltweit attraktiv zu halten. Der Ansturm auf die jährlich nur 60.000 Karten ist gewaltig, der größte Teil ist im Voraus für die weltweit 136 Wagner-Verbände reserviert. Die Wartezeit beträgt Jahre, die meisten Opernfreunde gehen leer aus.

1973 übernahm die Richard-Wagner-Stiftung den Wagner-Nachlass. Ungeachtet der Trennung von Besitz und Festspielen konnte Wolfgang Wagner seinen Einfluss auf beide Institutionen sichern. Erleichtert wurde dies durch einen lebenslangen Mietvertrag, den er 1990 vom Freistaat für das Festspielhaus erhielt. Im April dieses Jahres hatte Wagner seinen Rücktritt für Ende August angekündigt und den Weg für seine Nachfolge frei gemacht.

(ap)
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