Ein Fotograf blickt hinter die Masken Zuhause beim Ku Klux Klan

Der amerikanische Fotograf Anthony Karen konfrontiert uns mit mit den Urteilen, die wir uns über die Welt machen. Klischees hinterfragt er mit seiner Kamera. Dieser radikal vorurteilsfreie Ansatz fördert atemberaubende Bilder zutage. In seinem jüngsten Projekt blickte er hinter die Masken des Ku Klux Klan.

Hinter den Masken des Ku Klux Klan
13 Bilder

Hinter den Masken des Ku Klux Klan

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Foto: Anthony Karen

In Deutschland kennt man den Ku Klux Klan am besten aus dem Kino. Bedrohliche brennende Kreuze, die spitzen Masken, rassistisch verblendete Reden. Der Geheimbund aus den USA liefert besten Vorgaben, um das Böse ins Bild zu setzen.

Das, was Hollywood so gerne zeigt, ist nicht ausgedacht, sondern historisch verbrieft. Der Ku Klux Klan (abgekürzt KKK) hat Schwarze und ihre Sympathisanten systematisch eingeschüchtert, verfolgt, gefoltert, ermordet. Er ist in Geheimbünden organisiert, ein Sammelbecken für Nazis und bis heute aktiv.

All das hat Anthony Karen beiseite geschoben.

Mit seiner Kamera hat er sich Mitgliedern des KKK genähert und ihr Vertrauen erworben. Seine Unvoreingenommenheit ermöglichte ihm, am Leben der Menschen teilzunehmen, die sonst in der öffentlichen Wahrnehmung nur als bedrohliche "Ritter" (so nennen sie sich selbst) auftreten.

Mit der Kamera taucht er ein in den Alltag der Familien des Ku Klux Klan. Die Bilder machen aus den gesichtslosen Spukgestalten mit Kapuze Menschen mit Hoffnungen, Ängsten und Sorgen.

Eine bürgerliche Familie

Sie umreißen ein breites soziales Spektrum: Eine Aufnahme zeigt den KKK-Funktionär Thomas Robb, bürgerlich eingerahmt von seiner Familie. Die Mädchen tragen farbige Kleider, ein junger Mann trägt einen Säugling auf dem Arm.

Auf einem anderen Bild ist eine verlebt wirkende Frau in einem Bürozimmer zu sehen. Sie arbeitet an einer schwarzen Robe, sie selbst trägt ein Oberteil mit Blumenmuster. Auf der Armlehne ihres Stuhls sitzt ein kleiner Chihuahua, im Hintergrund des unaufgeräumten Zimmers hängt eine dekorierte Südstaatenflagge.

Die Vermutung, dass einige Familien der Schicht der verarmten Weißen angehören, die in Amerika als "White Trash" tituliert werden, weist Anthony Karen zurück. Nach deutschen Vorstellungen könnten die Häuser ja vielleicht ärmlich wirken, aber das sei ein Trugschluss. "Einige verdienen schon ganz ordentlich, sie haben lediglich schlichte Häuser oder sind dreckig", schreibt er in seiner Mail.

Wie bei Fans eines Fußball-Klubs

Die Arbeit, die sie in den Ku Klux Klan investieren, bekommt mit Anthony Karens Bildern etwas von einem Grill-mit Familie. Die Geheim-Organisation gibt ihnen offensichtlich ihren Stolz zurück. Manche Szenen lassen den Betrachter an Fans eines Fußball-Vereins denken. Da werden Fahnen und Kutten genäht und das Wochenende vorbereitet. Der Ku Klux Klan als Lebensinhalt.

Persönlich bedroht fühlte sich Anthony Karen nie. Feindseligkeit habe er zu keinem Zeitpunkt verspürt, erzählt er in einem Interview. Lediglich in einer Situation sei ihm bei einem Treffen eine kleine Gruppe von betrunkenen und offen rassistischen Skinheads auf die Nerven gegangen.

Seine Arbeit provoziert scharfe Kritik

"Ich habe Zeit mit den Leuten verbracht, ich haben ihnen zugehört und ich haben jeden als Individuum behandelt", sagt er über seine Zeit beim Ku Klux Klan. Er müsse nicht das glauben, was diese Leute glauben. Aber durch die Nähe zu ihnen fühlt er sich verpflichtet, sie vorurteilsfrei zu beobachten.

Das blieb in Amerika nicht unkommentiert. Dem Fotografen wurde Ignoranz und Naivität vorgeworfen, und dass er durch seinen menschlichen, ja sogar mitfühlenden Blick die Wahrheit über den KKK verschleiern würde. Auch dass Anthony Karen versucht, Einfluss auf Berichte über seine Arbeit zu nehmen und sich Texte vorab vorlegen lassen will, damit sie nicht zu "sensationalistisch" daherkommen, wirkt befremdlich.

Der Fotograf sucht Extreme

Doch es ist wohl genau dieses Spannungsfeld, mit dem sich seine Bilder befassen. Wer sich mit ihnen auseinandersetzt, stellt fest, wie profan und oftmals auch erbärmlich das vermeintlich Böse aussieht.

Seine Bilder hat er in Amerika in dem Fotoband "White Pride" herausgegeben. Auch sein bisheriges Schaffen zeugt von seiner Auseinandersetzung mit festgefügten Bildern von vermeintlich radikalen, bedrohlichen Gruppierungen. Auf seinem TumblR-Blog wie auch seiner Homepage ist das in nicht minder spannenden Arbeiten über Voodoo auf Haiti oder Islamisten in Somalia zu sehen.

(pst)
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