Leiser Jazz von Kurt Wallanders Küste

Der schwedische Jazzpianist Jan Lundgren hat in Ystad seine neue CD aufgenommen.

 Jan Lundgren

Jan Lundgren

Foto: Pino Ninfa

Bei Krimifans heulen augenblicklich die Sirenen, wenn der Städtename Ystad fällt. Dort hat Henning Mankells legendärer Kommissar Kurt Wallander in grandioser Verschrobenheit und mit erheblicher Geisteskraft verzwickteste Fälle gelöst. Diese Eigenschaften treffen auch auf den sehr realen Jan Lundgren zu. Der ist fraglos einer von Europas großen Jazzpianisten, aber keiner dieser Kraftmeier, die Konzertflügel als Perkussionsinstrumente gebrauchen, sondern ein Kammermusiker ersten Ranges. Lundgren gilt als einer der Leisesten seiner Zunft, und am liebsten kümmert er sich um Musik, die es schon lange vor ihm gab.

Bei seinem Münchner Label ACT kommt man Lundgrens Wünschen mit Nachdruck entgegen. Er darf mit exzellenten Chören eine Art mittelalterlichen Jazz auf sehr spirituelle Weise erfinden (in der CD "Magnum Mysterium", die sich erlaucht jazzig auf Kompositionen von Lasso, Byrd oder Monteverdi einlässt), oder er birgt alte schwedische Volkslieder und bringt sie neu in Schwingung.

Immer ist das betörend anzuhörend, und das Innovative liegt nicht in der Ausgereiztheit der Akkorde, sondern in der Luftigkeit der Erfindung. Lundgren spielt Klavier, als seien die Tasten heiß wie Kochplatten. Fast nicht berühren! Genau diese Diskretion erzeugt allerdings maximale Intensität; der Hörer denkt sich alles in die Musik hinein, weil es ihm der Pianist nicht vorkaut.

Die neue Platte heißt "The Ystad Concert", auf der Lundgren abermals Volkslieder versammelt, diesmal nicht nur heimatliche, sondern auch solche aus Russland und Ungarn. Am Bass begleitet ihn Matthias Svensson, das Schlagzeug fehlt - wo viel Luft zum Atmen und Denken ist, braucht der Rhythmus keine weitere Dimension. Apart als Farbe klingt aber das Bonfiglioli-Weber-Quartett, vier junge Damen von Violine bis Violoncello. Da klingt die Wehmut wie ein ätherisches Kraftfeld stillschweigend mit.

Die CD ist Lundgrens Vorbild Jan Johansson gewidmet. Ja, es ist wirklich eine nostalgische Platte.

(w.g.)
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