Glamour-Grusel im New York der 20er Jahre

Libba Brays neuer Roman "The Diviners".

Ein Hauch von Übersinnlichem liegt über dem Anfang der Geschichte. Eine Andeutung. Nichts weiter. Doch bald verdichtet sich das Nebulöse zu schauriger Gewalt. Ein Ritualmörder geht im Manhattan der 1920er Jahre um. Er mordet nach den Regeln einer Sekte, die für die Materialisierung der Bestie auf der Erde elf Opfer fordert.

Libba Bray ist eine Meisterin darin, Historisches mit Übernatürlichem zu einem spannenden Stoff zu verweben. Mit der Trilogie "Der geheime Zirkel", die im England des 19. Jahrhunderts spielt, hat sie das bewiesen. In "The Diviners" zeigt sie erneut ihr Können. Im Mittelpunkt steht die forsche Evie. Sie hat eine Gabe: Wenn sie Gegenstände berührt, kann sie deren Geheimnisse sehen. Sie ist ein "Diviner", ein Mensch mit übernatürlichen Fähigkeiten.

Wegen eines "Zwischenfalls", den Evie in ihrer Heimatstadt in Ohio provoziert, wird sie zu ihrem Onkel nach New York verbannt, der dort das Museum für Amerikanisches Volkstum, Aberglauben und Okkultes betreibt. Für die 17-Jährige ist das keine Strafe. In Manhattan will sie mit ihrer Freundin Mabel das Nachtleben genießen. Als der erste Ritualmord geschieht, wird ihr Onkel als Berater in die Ermittlungen eingeschaltet. So kommt Evie mit ihrer Gabe zum Tatort und stellt ihre eigenen Nachforschungen an.

Wer sich auf den Wälzer von 700 Seiten einlässt, taucht ein in das New York der schillernden zwanziger Jahre: Flüsterkneipen, Charleston, Revue-Girls, Probihition und Rassentrennung bilden die Kulisse, vor der die fantastische Kriminalgeschichte spielt. Atmosphärisch, bisweilen ausufernd lässt Bray das historische Setting lebendig werden, mischt es gekonnt mit Schauer- und Mordgeschichte. Bray verheddert sich nicht in Nebenhandlungssträngen, jede ihrer Figuren, darunter weitere Diviner, hat ihren Charakter. Bray dirigiert und arrangiert bis zum Ende, das längst nicht alle Geheimnisse lüftet und Raum lässt für zwei weitere Bände. Es liegt noch mehr Übersinnliches in der Luft.

(RP)
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