Köln Literatur-Star scheiterte in der Politik

Köln · Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa erzählte in Köln seine Lebensgeschichte.

Düsseldorfs Nachbarstadt ergreift den ausgestreckten Arm der Buchmesse. Pünktlich zur Messe in Frankfurt gab es in Köln wieder den kleinen Herbst-Ableger der Lit.Cologne. Wie immer war das Literaturfestival prominent besetzt und restlos ausverkauft. Einer der Stars war der 80-jährige Mario Vargas Llosa, dessen 18. Roman gerade auf Deutsch erschienen ist. "Die Enthüllung" spielt in den 90er Jahren im peruanischen Lima, der Heimat des Autors. Damals hatte sich Mario Vargas Llosa um das Amt des Staatspräsidenten beworben. In einer Stichwahl war er seinem Widersacher Alberto Fujimori unterlegen. Dessen Schreckensregiment hatte das Land bald in Angststarre versetzt. Die Oberschicht befand sich längst in der inneren Emigration. Dem Terror und der Furcht entging man mit Yoga-Übungen und Ausflügen nach Miami.

Aktueller ist der zweite autobiografische Bezug der Romanhandlung: Als der in Madrid lebende Schriftsteller sich nach einem halben Jahrhundert unlängst von seiner Ehefrau trennte, um ein ehemaliges Model zu heiraten, spielte ihm die Boulevardpresse übel mit. "Die Enthüllung" handelt nun von einem Erpressungsfall, in den ein Boulevardblatt verstrickt ist.

Bei der Vorstellung des Buchs las der Schauspieler Hanns Zischler einige Kapitel, während der FAZ-Redakteur Paul Ingendaay den Autor befragte. Dabei ging es weniger um die spannende Romangeschichte mit ihren überraschenden Wendungen als vielmehr um den Nobelpreisträger des Jahres 2010 als politischen Zeitzeugen.

Wie fast alle jungen Intellektuellen in Lateinamerika hatte auch der heute 80-Jährige früher geglaubt, der Sozialismus könne den Subkontinent von der nordamerikanischen Dominanz lösen und in eine bessere Zukunft führen. Dann kam 1959 die kubanische Revolution. Von vielen seiner Schriftstellerkollegen bejubelt - der ebenfalls mit dem Nobelpreis geehrte Gabriel García Márquez lobte die Staatsführung seines Freundes Fidel Castro -, erkannte Vargas Llosa indes schon bald die menschenfeindliche Diktatur.

Der Peruaner wurde politisch zum Pragmatiker und als Schriftsteller erfolgreich - sein neues Buch wurde in Köln über all dem allerdings nur beiläufig besprochen. Dabei ist es nicht unumstritten. Immerhin hatte eine Kollegin von Moderator Ingendaay über "Die Enthüllung" einen ziemlich bösen Verriss geschrieben. Vor allem sprachlich enttäusche das Buch, meint die Kritikerin: "Enthüllend ist in diesem Werk, wie deutlich auch ein Autor der einen Roman von höchstem Rang wie 'Lob der Stiefmutter' geschrieben hat, so unter seinen Möglichkeiten bleiben kann."

(RP)
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