London Londoner Orchester spielt für Pflanzen

London · Die segensreiche Wirkung von Musik auf Lebewesen jeglicher Art beschäftigt die Forschung seit langem. Patienten im Krankenhaus sind weniger ängstlich, wenn sie speziell für sie ausgewählte Musik aus dem Lautsprecher hören. Und Düsseldorfs Universitätsfrauenklinik will in einer Studie erforschen, ob Musik für Frauen angenehm ist, die einen Kaiserschnitt bekommen. Auch die Effekte aufs Baby sollen gemessen werden. Das klingt seriöser als der gern kolportierte, aber nicht bewiesene Hinweis, dass Kühe unter Mozart spendabler mit der Milch seien.

Jetzt hat das englische Royal Philharmonic Orchestra einen draufgesetzt – es hat ein Konzert für Pflanzen gegeben. Im Auditorium der Cadogan Hall saßen Geranien, Fuchsien und andere belastbare Gewächse. Sie hörten unter anderem Mozarts Sinfonie Nr. 40 g-moll. Dirigent Benjamin Pope erklärte laut Presseberichten, er habe schon die seltsamsten Konzerte gegeben, aber dies sei eines der schrägsten gewesen. Die Zuhörerschaft habe sich zwar ausgesprochen geduldig verhalten; aber am Schluss statt applaudierender Menschen ordentlich drapierte Reihen von Pflanzen vor sich zu haben, sei schon gewöhnungsbedürftig gewesen.

Veranstaltet wurde das Konzert vom Shoppingkanal QVC, der damit die Behauptung überprüfen wollte, ob Musik tatsächlich die Proteinproduktion von Pflanzen und damit das Wachstum anrege.

Das Internet ist voll von Hinweisen auf angebliche Wachstumserfolge unter Musik. Wie die "Badische Zeitung" berichtete, verwöhnt ein Winzer aus Dangolsheim seine Reben regelmäßig mit Klängen von Mozart, Beethoven und anderen. Er behauptet, seine Spätlese-Weine schmeckten nach der Beschallung deutlich aromatischer. Rockmusik für Tomaten empfiehlt dagegen Englands Tomatenzüchterverband. Durch die Vibration bei den Bässen kommen nach seinen Angaben mehr Blütenpollen frei, wodurch mehr Tomatenpflanzen befruchtet werden. Besonders geeignet seien die Titel "Tiger Feet" von Mud, Gary Glitters "I'm the Leader of the Gang" und "alles von Simply Red". Dabei gelte der Grundsatz: je lauter, desto besser.

Das Forschungszentrum Jülich testete das Wachstum von Sonnenblumen und den Einfluss von Musik, Sprache und Waldgeräuschen. Das Ergebnis war ernüchternd: Die akustischen Signale führten zu keiner Steigerung des Wachstums. Alles Einbildung? Die Forscher haben eine andere Erklärung, warum Pflanzen durch liebevolle Behandlung gut wachsen. Die Pflanzenfreunde, die mit ihren Lieblingen sprechen, pflegen die Gewächse besser, entfernen Läuse und düngen sie gut. Auch das ausgeatmete Kohlendioxid, das beim Sprechen mit den Pflanzen einwirkt, könnte das Wachstum beschleunigen.

(RP)
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