"Ma Ma" Schwulst von der allerbesten Sorte

In "Ma Ma" zeigt sich die 42-Jährige Penélope Cruz in der Rolle ihres Lebens.

Kommt nicht oft vor, dass man einen Film, der nach fast allen Regeln der Kunst danebengeht, trotzdem empfehlen will. "Ma Ma - Der Ursprung der Liebe" ist grandioser Telenovela-Schwulst, weihevoller Murks, ein religiös überbelichtetes Melodram vom schöner Sterben. Aber: Hier kann man auch Penélope Cruz in der Rolle ihres Lebens sehen.

Das Leiden todkranker Frauen hat zur Zeit einen Lauf im Film: Julianne Moore in "Still Alice" und in "Freeheld", Hilary Swank in "Das Glück an meiner Seite", Shailene Woodley in "Das Schicksal ist ein mieser Verräter". Und eigentlich ist es ja auch nicht so, dass der spanische Autor-Regisseur Julio Médem, nicht wüsste, wie man eine Geschichte erzählt. Seine Dramen "Die Liebenden des Polarkreises" und "Lucia und der Sex" arbeiteten beide mit starker Symbolik und kraftvollen Geschichten, in denen Menschen mit Liebe den Tod zwar nicht besiegen, ihm aber immerhin auf Augenhöhe begegnen.

All diese Elemente bündelt "Ma Ma" in überzogener Form. Seit ihr Mann sich davongemacht hat, erzieht Magda (Penélope Cruz) ihren Sohn Dani (Teo Planell) allein. Dessen Fußball-Talentscout Arturo (Luis Tosar) findet durch zwei zeitgleich ablaufende Tragödien zu Magda: Arturo verliert Frau und Tochter durch einen Autounfall und in Magdas Busen wird ein aggressiver Tumor entdeckt. Sie verliert die Brust, Chemo und Haarausfall setzen ihr zu. Doch zwischen Magda, ihrem Gynäkologen Julian (Asier Etxeandia) und Arturo entwickelt sich eine Bindung, die das Leben aller Beteiligten ganz neu ordnet.

Acht Jahre lang hatte Regisseur Julio Médem ("Lucía und der Sex", 2001) das Skript in der Schublade, bevor er sich damit an Penélope Cruz herantraute. Die produzierte das Rührstück sogar mit, ist als Darstellerin aber eindeutig überqualifiziert. Am Schicksalsrad schraubt Médems Drehbuch eigentlich pausenlos, gleichzeitig nimmt Magdas Makellosigkeit zum Ende hin marienbildchenähnliche Ausmaße an. Wiederholte Szenen, in denen der Frauenarzt mit schmelzendem Tenor für seine Patientin singt, kommen so überraschend wie unpassend. Und die Sequenz in einem Swinger Club schrammt schon hart an der Grenze zur unfreiwilligen Komik.

Vieles davon wäre gern Almodóvar, das ahnt man, die starke weibliche Hauptfigur, der schwere Ton, die extreme Handlung. Aber es fehlen die Wildheit und die besonders schmerzlich der Humor. Nur eins macht Médem so richtig, wie es nur geht: Er legt Penélope Cruz jede Szene zu Füßen. Ganz und gar, so dass ihre Intensität durch die Weichzeichner und die gelackten Kulissen leuchten kann. Penelope Cruz' emotionale Wucht ist echt und unvergesslich.

Groß genug, um Magda ihre Würde zu bewahren.

(RP)
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