Maastricht Maastricht – die edelste Kunstmesse der Welt

Maastricht · Das eindrucksvolle Angebot der Tefaf reicht von der Ritterrüstung über Gemälde Alter Meister bis zu Fotografien von Andreas Gursky.

Auf keiner anderen Kunstmesse verstehen sich Händler und Organisatoren so gut aufs Inszenieren wie auf der Tefaf in Maastricht. Reiht sich sonst nüchtern Verkaufskoje an Verkaufskoje, so hebt sich die Tefaf schon allein durch ihre Gliederung ab. Die blumengeschmückten Gänge tragen zur Orientierung Namen wie Champs-Elysées, eine der Gabelungen heißt Place de la Concorde, und in unmittelbarer Nähe der beiden Händler aus Düsseldorf erstreckt sich sogar eine Königsallee.

Angesichts solcher Vorlagen lassen sich die 260 Galeristen aus aller Welt nicht lumpen. Mancher Verkaufsraum wirkt wie ein überladenes Kabinett aus früherer Zeit. Pelham aus Paris überwältigt die Flaneure mit vier lebensgroßen marmornen Schwänen auf einer metallisch schimmernden See-Attrappe. Im Hintergrund erntet auf einem zwei Meter hohen Gemälde von Christian Berentz (17./18. Jahrhundert) eine Frau Früchte, die sie in Überfülle um sich herum ausbreitet. Im Mittelfeld erheben sich plastisch zwei goldene weibliche Akte, die je eine Vase stemmen.

Verführung durch Fülle ist die eine Methode, das andere Extrem findet sich am Stand von Moretti (Florenz, London, New York). Das kostbarste Angebot will in einem winzigen Kabinett erst einmal entdeckt werden: ein kleines Triptychon, das der namentlich nicht bekannte Meister von St. Martino alla Palma um 1315 schuf. Es zeigt eine Madonna zwischen zwei Heiligen und besticht den Betrachter auch durch seinen verblüffend guten Erhaltungszustand. Der Preis beträgt 2,4 Millionen Euro.

Auch der Londoner Händler Dickinson hat sich etwas einfallen lassen. Er präsentiert eines der teuersten Stücke der Messe – van Goghs für einen zweistelligen Millionenbetrag erhältliches Gemälde "Moulin de la Galette" – in unmittelbarer Nähe eines Paars Holzschuhe, das sein Freund und Wettbewerber Paul Gauguin in Pont-Aven und in Paris trug. Dadurch löste er eine Sensation aus, wie ein Biograf vermerkte. Heute hat das Paar seinen Preis: sage und schreibe 400 000 Euro. Dabei ist es noch nicht einmal als Kunst gemeint.

Klar, dass der Preis für wirkliche Kunst erheblich darüber liegt. Der Londoner Händler Richard Green fordert für ein wunderschönes Gemälde Claude Monets – "L'ile aux Orties", eine fast ungegenständliche, lichte Farbkomposition aus duftigem Violett, Weiß und Grün – 15 Millionen Dollar.

Die Händler mit den hohen Preisen gruppieren sich in Maastricht traditionell um die Place de la Concorde. Doch auch 100 Meter weiter hat große Kunst ihren Preis. Beck & Eggeling aus Düsseldorf veranschlagen für eine Arbeit von Anselm Kiefer – "Jakobs Traum" – 580 000 Euro, Ludorff aus derselben Stadt bietet ein abstraktes Gemälde von Gerhard Richter für 590 000 Euro an.

Die originellste Inszenierung von Gegenwartskunst findet sich an einem Ort, an dem man sie nicht erwartet: am Stand von Tomasso Brothers Fine Art (London und Leeds), einem Spezialisten für ältere Skulpturen. Dino Tomasso und der britische Skandal-Künstler Damien Hirst kennen sich seit ihrer gemeinsamen Kindheit in Leeds. Jetzt zeigt Tomasso im Halbdunkel seines Skulpturen-Aufgebots drei Kreationen von Hirst, darunter ein in Formaldehyd eingelegtes schwarzes Schaf. Preis: 2,7 Millionen Euro. Aus der Abteilung "Arbeiten auf Papier" ragen Thomas Struths wandfüllende, fünfteilige Fotografie "Museo del Prado" (bereits verkauft) und Andreas Gurskys "Brasilia Plenarsaal II" (260 000 Euro) hervor, ein Oval, das hochästhetisch aus einem schwarzen Grund hervortritt.

Alte Meister wie der Spanier Jusepe de Ribera geben auf der Messe in der Malerei den Ton an, daneben klassische Moderne sowie Malerei und Objekte der Nachkriegszeit. Noch größer allerdings sind die Abteilungen für Antiquitäten, die streng bewachten Stände für historischen Schmuck und Kojen mit alten Uhren, Teppichen und anderem sammelwerten Gut. Peter Finer aus London hat sogar eine Ritterrüstung im Angebot – ein fantastisch erhaltenes Stück aus dem Italien des 16. Jahrhunderts. Wer glaubt, für all diesen schönen Luxus fänden sich keine Käufer, musste sich schon gestern bei der Vorbesichtigung durch Gutbetuchte eines Besseren belehren lassen. Nicht nur Thomas Struths fünfteilige Arbeit war bereits verkauft, auch manch anderes Stück, das wir gern noch abgebildet hätten, hatte bereits einen Liebhaber gefunden. Die Händler jubeln.

Tefaf im Maastrichter Kongresszentrum MECC (ausgeschildert) bis 23. März, täglich von 11 bis 19 Uhr, am letzten Tag bis 18 Uhr; Eintritt: 55 Euro einschließlich Katalog

(RP)
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