Lehnwörter im Ausland Man spricht Deutsch

Düsseldorf · Deutsche Lehnwörter sind in vielen anderen Ländern in den täglichen Sprachgebrauch eingegangen. Deutsch als Fremdsprache ist gefragt. Weltweit pauken 15,4 Millionen Menschen deutsche Vokabeln und Grammatik.

Das sind die populärsten deutschen Wörter im Ausland
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Foto: Radowski

Wer in Moskau ein "Butterbrod" bestellt, kann sich auf ein großzügig belegtes Sandwich freuen. In England muss man sich in einer Imbissbude als Deutscher nicht groß Gedanken machen, sondern ordert einfach eine "Bratwurst". Die Dänen veranstalten einen "Polterabend". Und in der ostchinesischen Hafenstadt Qingdao gibt es, anders als in den anderen Landesteilen der Volksrepublik, das Wort "Guli" für Gullideckel, da die Stadt von 1898 bis 1919 als Kolonie zum Deutschen Reich zählte.

Deutschland exportiert nicht nur Autos, sondern auch Wörter. Sie gelangen als sogenannte Lehnwörter in den Alltag anderer Länder. Wer im USA-Urlaub niest und ein "Gesundheit!" hört, trifft nicht unbedingt auf einen Landsmann. In Estland steht "Tüümian" im Gewürzregal. Wer in Finnland über einen Flohmarkt läuft, findet dort viel "Kitsch", und in Frankreich probiert man es mit "Gemütlichkeit".

Doch im Ausland begegnen einem nicht nur viele Germanismen: Die deutsche Sprache an sich bleibt gefragt. Das zeigt die aktuelle Studie "Deutsch als Fremdsprache weltweit". Das "Netzwerk Deutsch" erstellt sie alle fünf Jahre auf Initiative des Auswärtigen Amtes, des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), des Goethe-Instituts und der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen des Bundesverwaltungsamtes.

In diesen Ländern gibt es deutsche Bäckereien
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Foto: dpa, Paul Knecht

Weltweit lernen immerhin 15,4 Millionen Menschen Deutsch als Fremdsprache, 2010 wurden 14,725 Millionen erfasst. Insbesondere in Europa gibt es großes Interesse - dort lernen 9,4 Millionen Menschen Deutsch. Unterrichtsmaterial für französische Deutschlehrer lieferte vor einigen Jahren sogar die deutsche Band Tokio Hotel. Die Teenies im Nachbarland entbrannten in hysterischer Liebe für die Sprache von Schiller und Goethe, weil sie Songtexte übersetzen wollten. In Frankreich sind die Zahlen mit einer Million Deutschschüler im Vergleich zu 2010 stabil geblieben. Spitzenreiter in dieser Statistik ist Polen mit rund 2,28 Millionen.

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass besonders in Indien (154 000), Brasilien (134 000) und China (117 000) immer mehr Menschen die deutsche Sprache erlernen. Im asiatischen Raum hat sich die Nachfrage seit 2010 je nach Region vervielfacht.

Anupam Siddarth lernt Deutsch. Der Inder hasst Tokio Hotel. Er liebt hingegen Herbert Grönemeyer, "weil der die deutsche Sprache nicht so verhunzt". Der 26-Jährige hat vor neun Jahren begonnen, Deutsch als Fremdsprache an der University of Delhi zu studieren. Ihm gefallen die Werke von Heinrich von Kleist, Dietmar Dath und Daniel Kehlmann. "Die vielen guten deutschen Autoren haben mein Interesse geweckt", erklärt Siddarth, der schon dreimal für Übersetzungsprojekte des DAAD nach Deutschland gekommen ist. Ende Mai landet Siddarth, der inzwischen an seiner Dissertation schreibt, wieder in Wuppertal. Sein Ziel, in Delhi Deutsch als Fremdsprache zu unterrichten, hat er schon erreicht.

Siddarth hat an einer Hochschule Deutsch gelernt. Die aktuelle Erhebung zeigt allerdings, dass deutsche Sprachkenntnisse überwiegend an Schulen erworben werden. Von den weltweit erfassten Deutschlernenden sind 13,4 Millionen Schüler (87 Prozent). An Hochschulen lernen 1,3 Millionen Menschen Deutsch (8,8 Prozent). Im Bereich der Erwachsenenbildung sind es 600 000 (4,2 Prozent). Im Ausland werden Deutschkenntnisse als Zusatzqualifikation für die berufliche Karriere erachtet, stellt das "Netzwerk Deutsch" fest.

Ein Beispiel dafür ist Mehrnoosh Ahmadi. Die 29 Jahre alte Iranerin war schon zweimal in Deutschland - und will unbedingt zurück in die Bundesrepublik. Sie kam vor drei Jahren aus Teheran nach Rom, um Pharmazie zu studieren. Die Familie ihrer Tante lebt in Münster. "Ich träume davon, in Deutschland zu arbeiten", sagt Ahmadi. "Mir gefällt die deutsche Kultur einfach, darum habe ich die Sprache gelernt." Ihre Lieblingsautoren: Heinrich Böll und Günter Grass. Für sie ist die Fremdsprache eine Brücke nach Deutschland. Ihr fällt sogar ein Germanismus ein: "Wenn ich mich nicht täusche, gibt es im Italienischen das deutsche Wort 'Hinterland'."

(RP)
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