Köln Meisners Kunstschatz unter dem Hammer

Köln · In zwei Wochen werden in Köln viele Sakralkunstwerke aus dem Besitz des Kardinals versteigert - darunter ein kostbarer Klappaltar.

Dass ein solcher Kunstschatz zu seinem Privatbesitz zählt, hat Joachim Kardinal Meisner nicht mehr erfahren können. Das nämlich fand erst das renommierte Kölner Aktionshaus Lempertz heraus, das jetzt - knapp ein Jahr nach Meisners Tod im Juli 2017 - die Kunstwerke aus dem Privatbesitz des Erzbischofs unter den Hammer bringen wird. Im Mittelpunkt steht der Klappaltar mit "Thronender Muttergottes", der nach einem neuen Gutachten Maestro di Tobia zugerechnet wird, einem Mitte des 14. Jahrhunderts in Florenz tätigen Künstler, wie es der Züricher Kunsthistoriker Gaudenz Freuler in einem umfänglichen Gutachten belegen konnte. Das Triptychon gilt danach als eines der besten Werke dieses Künstlers. Die neue Zuordnung definiert somit eine besonders kreative Schaffensphase in der florentinischen Trecentomalerei.

Eine so prominente Herkunft schlägt sich natürlich auf den Wert nieder. Der Schätzpreis liegt beim Auktionshaus zwischen 120.000 und 160.000 Euro. Doch vergleichbare Altäre aus dieser Zeit und mit dieser Qualität erzielten bei vergangenen Auktion mitunter einen Kaufpreis von bis zu 500.000 Euro.

Insgesamt werden 28, zum Teil ähnlich bedeutsame Kunstwerke aus dem Nachlass des Kardinals versteigert. Die Frage, die sich nach dem Vermögen des Erzbischofs zwangsläufig stellt, ist schnell beantwortet. Manche Werke wurden Meisner geschenkt, etliche aber hat er geerbt - von der Künstlerin Hildegard Domizlaff (1898-1987). Beide kannten einander aus Köln, doch ihre Brücke war Ostdeutschland: Meisner wurde in Erfurt zum Bischof geweiht, Hildegard Domizlaff war gebürtige Erfurterin und zudem der Sakralkunst eng verbunden.

Die ersten Aufträge nach dem Zweiten Weltkrieg bekam sie von der katholischen Kirche; für liturgische Geräte etwa und bischöfliche Insignien. Außerdem gestaltete sie verschiedene Kirchenräume. Sie habe über eine "profunde theologische Kenntnis" verfügt, würdigte sie später Kardinal Meisner. Die Begegnungen mit ihr seien interessant und erlebnisreich, aber auch "unbequem" gewesen.

Die Kunstschätze, die der Kardinal von ihr 1987 erbte, hatte Hildegard Domizlaff wiederum von ihrem Bruder Helmuth bekommen, der Antiquar in München war. So schließt sich ein Kreis zu einer kleinen Sammlung die am 16. Mai versteigert wird.

Es findet sich viel Sakralkunst unter den Werken. Zahlreiche kleinere Skulpturen wie "Christus als Schmerzensmann" (geschätzter Wert 7000-9000 Euro), eine Pietà (5000-6000), die Heilige Hedwig (6000 bis 7000). Darüber hinaus war Kardinal Meisner ein großer Freund romantischer Malerei. Zwei besonders eindringliche Bilder sind "Tor bei einer gotische Kirche im Mondschein" von Carl Gustav Carus (1789-1869) - der Wert des Gemäldes wird auf etwa 40.000 Euro geschätzt; sowie "Romansicht mit der Engelsburg und einem Angler am Tiberufer" des Düsseldorfer Malers Oswald Achenbach (1827-1905).

Der Erlös der Auktion wird der Kardinal-Meisner-Stiftung zugute kommen. Die ist bereits 2014 durch das Erzbistum Köln gegründet worden, um auch auf diesem Weg das Lebenswerks des Kardinals zu würdigen. Die Stiftung unterstützt unter anderem Projekte der Seelsorge.

Meisners Sammlung ist zwar überschaubar, aber sie bleibt beachtlich vor dem Hintergrund, welches Kunstinteresse Kölns Erzbischof hegte. Meisner sei praktisch an keinen Antiquitätenladen vorbeigekommen, so Lempertz-Geschäftsführer Henrik Hanstein. Er musste einfach überall reinschauen. Und: Er habe Kunst mit dem Auge gesammelt, nicht mit dem Ohr. Er vertraute also vor allem seinem eigenen Urteil.

Wahrscheinlich hätte er sich auch über den hohen Wert des Klappaltars gefreut. Viel mehr aber auch nicht. Denn nach den Worten Hansteins war Sammelleidenschaft des Kardinals nie eine finanzielle Frage; ihm sei es stets um Inhalte gegangen. Auch darum gehörte Meisner zu den Anregern und Förderern des heutigen Kolumba-Museums.

(los)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort