London Mit der Band Saint Etienne ins London der 90er Jahre

London · Wenn man diese Platte hört, fühlt man sich nach London versetzt, es ist früher Sonntagmorgen, man kehrt von einer Party heim, von einer ziemlich guten Party, und man freut sich auf sein Bett und darauf, dass man mittags die Person anrufen kann, die gestern Abend am charmantesten war, und man wird sie fragen, ob man sich nicht nächste Woche wieder treffen soll oder vielleicht sogar am gleichen Tag - so jung kommt man schließlich nicht mehr zusammen.

Diese Platte heißt "Foxbase Alpha", und sie erschien 1991. Das englische Trio Saint Etienne hat sie veröffentlicht, und weil damals viel zu wenige Menschen diese Songs hörten, legt das Label die CD erneut auf, nun in einer Deluxe-Ausgabe mit vielen Bonus-Titeln. Die Lieder handeln vom Küssen und vom Tanzen, von den wichtigsten Sachen der Welt also, und Sarah Cracknell trägt sie mit verführerischer Arglosigkeit vor. Ein bisschen wie Dusty Springfield, nur mit Beats.

Saint Etienne mögen "Pet Sounds" von den Beach Boys und auch "Vogue" von Madonna, und so schreiben sie Musik, die zarte 60er-Jahre-Psychedelik mit der basstrunkenen Euphorie des Rave verbindet. Cracknell, Bob Stanley und Pete Wiggs sind Flaneure im pompösen Paradies des Pop. Ihre Stücke haben Eleganz und Weltläufigkeit, aber Saint Etienne sind nie virtuos, sondern absolute Beginner; da ist immer diese Do-it-yourself-Attitüde.

Sie covern "Only Love Can Break Your Heart" von Neil Young und feiern die Freuden der Anglophilie, sie umarmen die Welt und erzählen von der großen Stadt. Zwischen die Lieder stellen sie schwebende Elektroflächen, Instrumental-Fragmente und Synthesizer-Studien. Das Album als Skizzenbuch; es fängt den Geist Londons in jenen Jahren ein.

Als "Fans von Melancholie und Melodie" haben sie sich bezeichnet, und ihr Wunsch war es, eine Platte zu machen, die so toll ist wie "Dazzle Ships" von OMD oder sogar toller. 25 Jahre später darf man sagen: "Foxbase Alpha" ist das Tollste.

(hols)
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