Bedburg-Hau-Moyland Moyland feiert die Landschaft des Niederrheins

Bedburg-Hau-Moyland · Wenn das niederländische Königspaar am Dienstag das Kunst-Schloss besucht, sieht es die Umgebung auch im Spiegel der Maler.

Eine märchenhafte Kulisse wird das niederländische Königspaar Willem und Maxima am Dienstag in Moyland empfangen. Wenn die Fahrzeugkolonne auf die alte Eichenallee einbiegt, fährt das königliche Paar direkt auf den romantischen Backsteinbau zu: Vier Türme flankieren das zinnenbekränzte Schloss, der Turmhelm des Bergfrieds scheint an den Wolken im hohen Himmel zu kratzen, ein breiter Burggraben umgibt das malerische Ensemble, das sich im stillen Wasser spiegelt. Moyland liegt in einem barocken Park, umgeben von alten Bäumen, einem mittelalterlichen Kräutergarten und einem alten Rosengarten.

Die Kolonne fährt am Rasenparterre des von den Wuppertaler Landschaftsarchitekten Rose und Gustav Wörner restaurierten Parks vorbei direkt ins Kutschenrondell, das zwischen den beiden Vorburgen des Schlosses liegt. Dort werden Willem und Maxima vor der Schlossbrücke empfangen. Sie werden Gast beim deutsch-niederländischen Unternehmergipfel der Unternehmerschaft Niederrhein sein. Ein Arbeitsbesuch.

Sie sind nicht die ersten königlichen Potentaten an diesem Ort. Friedrich der Große von Preußen traf dort im September 1740 Voltaire, um sich mit dem französischen Freidenker auszutauschen und vielleicht in Moyland oder dem nahen Kleve eine Philosophen-Akademie zu gründen. 1766 schenkte Friedrich das Schloss der niederländischen Familie Steengracht: als Entschädigung für die Kredite, die die Niederländer Friedrich für den Siebenjährigen Krieg gewährt hatten. Bis heute blieb das Anwesen bei der Familie.

Anfang des 19. Jahrhunderts verwandelte Adrian Steengracht die einstige barocke Anlage in das heutige romantische Tudorschloss. Der Architekt: Kölns Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner. Wo Licht ist, ist aber auch Schatten: Gustav Adolf Steengracht war im "Dritten Reich" als Nachfolger von Ernst von Weizsäcker Staatssekretär im Auswärtigen Amt und saß bei den Nürnberger Prozessen auf der Anklagebank, kam allerdings 1950 wieder frei. Das 1945 schwer beschädigte Schloss baute er nicht wieder auf.

Schon bei ihrer Fahrt durch den Park werden Maxima und Willem das sehen, was Moyland als Museum für zeitgenössische Kunst heute ausmacht. Bei der Einfahrt wird ihr Wagen unter dem schwebenden Würfel des Bildhauers Günther Zins fahren, dann ist der Weg der Kolonne mit Skulpturen gespickt. Es geht vorbei an den aus Stahl getriebenen Tänzern Josef Jaeckels, das Königspaar wird zwischen den Bäumen einen Blick auf den Krieger von Gerhard Marcks erhaschen können und über den Burggraben hinweg auf die Plastik "Elkartu" des spanischen Bildhauers Eduardo Chillida blicken, die verträumt am breiten Graben steht.

Über dem Wasser des Grabens schwebt eine goldene Amphore des Objektkünstlers James Lee Byars. Vielleicht entdecken die Gäste sogar das mächtige Steinbuch des Bildhauer-Teams Wolfgang und Anna Kubach-Wilmsen und die Lichtstele von Heinz Mack vor den Fenstern der Vorburg. In der Vorburg werden sie zusammen mit der Unternehmerschaft Niederrhein tagen. Falls das Königspaar ins Schloss geht, trifft es auf einen von Deutschlands wichtigsten Nachkriegskünstlern: Museum Schloss Moyland beherbergt eine der größten Sammlungen mit Zeichnungen von Joseph Beuys weltweit.

Eigentlich ein "Muss" für Willem und Maxima ist aber die derzeitige Wechselausstellung in der zweiten Vorburg. Sie ist eine Hommage an die Landschaft, durch die das Königspaar diesseits und jenseits der Grenze reist: die "Niederrheinlande". Jene Landschaft, in der die Horizontlinie unten ist und der Himmel hoch. Ein Himmel mit bombastischen Wolkenbildern und dem so typisch kalt-warmen Licht der durch die Wolken brechenden Sonne. Es sind die stille Weite der Landschaft, der zum Strom geweitete Fluss, der Himmel über dem Rhein zwischen Niederrhein und Niederlanden, die so faszinieren, dass niederländische und deutsche Künstler seit Jahrhunderten große Landschaftsporträts dieser "Niederrheinlande" schufen und schaffen. Die Düsseldorfer Malerschule ebenso wie die Niederländer des 17. und des 19. Jahrhunderts.

Museum Schloss Moyland hat mehr als 100 Gemälde, grafische Blätter, Zeichnungen und Fotografien der Landschaft zwischen Düsseldorf und Arnheim/Nimwegen seit dem 17. Jahrhundert zusammengetragen: Gemälde von Jan van Goyen aus dem Goldenen Zeitalter der Niederlande, von Barend Cornelis Koekkoek aus der niederländischen Romantik ebenso wie von Max Clarenbach aus der Zeit um die Jahrhundertwende oder von Gerhard Richter und Andreas Gursky als Zeitgenossen. Nicht zu vergessen frühe Aquarelle und ein Landschaftsrelief von Beuys, der am Niederrhein aufwuchs.

Mit den Gemälden bietet die Ausstellung "Der Himmel so weit" nicht nur für das Königspaar eine wunderschöne Wanderung entlang des Rheins und seiner Lande. Hoch thront auf den Bildern Kleves Schwanenburg auf der Endmoräne über dem Fluss, ebenso hoch wie die einst mächtige Valkhof-Kaiser-Residenz in Nimwegen über der Waal. Träge liegt der Fluss in seinem Bett bei Düsseldorf, Reiter begrüßen bei Duisburg die Industrie, deren Schlote auf dem Bild von Carlo Mense kräftig rauchen.

Es ist nicht nur die Landschaft, die in den Kabinetten der großen Vorburg vorbeizieht, in der zentral Gurskys monumentales Rhein-Foto hängt - der Rundgang ist auch ein Gang durch die Kunstgeschichte. Eins eint sie alle: der hohe Himmel über dem niedrigen Horizont. So wie auf Richters "Landschaft bei Hubbelrath": rechts das silbrige Band einer leeren Landstraße, links dunkles Buschwerk über dem weiten Fluss, verwischt, unscharf im Gegenlicht. Der große Teil des Bildes gehört dem Himmel, grau die Wolkenfront, an deren Rand die Sonne durchbricht.

Wenn Maxima und Willem mal wieder aufs Fahrrad steigen, könnten sie sogar die Blicke der Maler im Hier und Jetzt erfahren. Zusammen mit der Hochschule Rhein-Waal hat Moyland eine App entwickelt, die an 24 verschiedene einstige Standorte der Maler führt, an denen sie ihre Motive fanden. Man sieht auf dem Tablet-Computer oder dem Smartphone das alte Bild und kann vergleichen, ob sich die Landschaft verändert hat.

(RP)
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