Kreis Kleve Moyland zeigt eine Sekunde Beuys

Kreis Kleve · In Kleve sind 30 Werke des Künstlers Joseph Beuys neu arrangiert.

Denise liegt rücklings auf einem kleinen Kartei-Aufkleber für Kunstwerke, der den Namen des Künstlers, dessen Adresse und die Technik des Werks listet. Mit weichem Bleistift ist der kleine Akt von Denise auf das Papier gesetzt, bräunlich-rote Wasserfarbe gibt der jungen Frau Kontur. Der Künstler will sich hingegen an seinen Namen nicht erinnern, wie er mit gleichem weichem Bleistift hinter dem Vordruck "Name" vermerkt. Wohl auch, weil er die Technik des Blattes als "vermasselt" ansieht. Andererseits möchte er sich aber auch nicht über den Versicherungswert des aus seiner Sicht winzigen Bildchens äußern. Der Mann wohnt am Rhein und dortselbst in einer "Filzwohnung". Damit gibt er seinen Namen doch noch preis. Es ist Joseph Beuys, der den kleinen Akt 1961 auf das etwa handtellergroße Stück Papier setzt.

Wenig später wird er "Denise" zur Aktrice machen, zur Darstellerin in seinem "1-Sekunden Stück". Neben Denise treten dort auf: "Der große Khan", der "Appenzeller" (rauchend), eine "Typistin", "Leda" und nicht zuletzt der "Mann, der nur schwer begreifen kann, wieso Stück schon zu Ende". Anfang der 1960er Jahre listet Beuys 30 Personen auf, die miteinander agieren sollen. Eine Sekunde lang.

Was zunächst wie eine ironische Reaktion auf die Fluxus-Bewegung und ihre manchmal nur schwer zu verstehenden Performances und Stücke aussieht, entpuppt sich jetzt als Anleitung zur Ausstellung: Die Namen aller 30 Darsteller tragen Titel von Werken von Beuys, und 25 der gelisteten Zeichnungen und Objekte befinden sich im Bestand des Museums Schloss Moyland.

Das stellte Moyland-Kurator Alexander Grönert fest. "Die kenn' ich doch alle", sagte Grönert, als er die Namen mit der Bestandsliste des Museums abglich. Er nahm die Regieanweisung beim Wort und inszenierte eine Präsentation in drei Akten im Rahmen der "Kunst.Bewegt"-Ausstellungen - eine ungewöhnliche Zusammenstellung von höchst unterschiedlichen Werken aus der Zeit zwischen 1948 und 1963. "Sie zeigen, auf welche Weise Beuys Anfang der 1960er Jahre damit begann, die Kunst ins Performative zu wenden, und wie er dabei mit seinen eigenen Werken umging", sagt Bettina Paust, stellvertretende künstlerische Leiterin.

Zur Ausstellung gibt's in Moyland ein Vorspiel, das anhand von Dokumenten und anderen Werken das "1-Sekunden-Stück" einordnet. Darunter ist auch eine handschriftliche Fassung mit Braunkreuz, in der Beuys auf den Absturz mit dem Sturzkampfflieger auf der Krim 1944 eingeht und seine Legende strickt, er sei von Tataren gerettet und vor dem Tod bewahrt worden.

Info "Kunst-Bewegt", Museum Schloss Moyland, bis 24. September, dienstags bis sonntags, 11 bis 18 Uhr.

(RP)
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