Salzburger Tagebuch Mozart, unterkellert

Die berühmteste Straße Salzburgs ist die Getreidegasse. Dort steht Mozarts Geburtshaus, bis zur Salzach leuchtet seine gelbe Fassade. Täglich stehen Tausende davor und fotografieren sie. Das sind alles Touristen. Den Salzburgern geht der Mozart-Kult auf die Nerven. Sogar der Flughafen heißt ja nach dem Wolferl.

Sowieso steht die Zeit nicht still. Vor einigen Jahren zog im linken Nachbarhaus über vier Etagen der schwedische Textilverkäufer H&M ein. Und jetzt sieht man im Erd- und Tiefgeschoss des Geburtshauses einen "Spar"-Lebensmittelmarkt. Mozart, sozusagen unterkellert. Rechts daneben riecht es nach Fisch, weil dort "Nordsee" seine Brötchen feilbietet.

Bei solcher Überschneidung von Tradition und Gegenwart gerät der größte Sohn der Stadt Salzburg schon mal in Vergessenheit, das ist aber keine Tragödie. Mozarts Größe leidet kaum, wenn junge Leute nicht 24 Stunden an ihn denken. Trotzdem mutete es ebenso heiter wie bizarr an, wie sich zwei junge Salzburgerinnen dieser Tage für einen nachmittäglichen Bummel verabredeten.

Die eine: "Treffen wir uns nachher in der Getreidegasse vor dem ,Spar'? Da muss ich vorher nämlich noch etwas einkaufen." Die andere: "Wo ist das noch mal genau?" Die eine: "In dem gelben Haus." Die andere: "Welches gelbe Haus?" Die eine: "Das neben H&M." Die andere: "Ach so, klar, kenn' ich!"

(RP)
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