Die Revolution 1976: The Ramones - Starthilfe für den Punkrock

Düsseldorf (RP). Die Zeit war 1976 reif für eine musikalische Revolution, denn Rock 'n' Roll war auf dem schlechtesten Wege vor die (Bombast- und Stadionrock-) Hunde zu gehen. Und während in London ein wütender junger Mann namens John Lydon in einem Pink Floyd-T-Shirt mit dem handgeschriebenen Zusatz "I hate" noch auf der Suche nach Gleichgesinnten um die Häuser zog, hatte sich in New York bereits eine neue Rock-Boheme gefunden - darunter The Ramones.

Im Umfeld des legendären Clubs CBGBs an der Lower East Side tummelten sich in freudiger Erwartung auf das Punkrock-Coming Out unter anderem The Heartbreakers, Television, Blondie, Patti Smith, die Talking Heads und die wunderbaren Ramones.

Das erklärte Ziel des Quartetts um den charismatischen Frontmann Joey Ramone (bürgerlich Jeff Hyman) war es, "den Rock 'n' Roll zu retten und ihn wieder aufregend werden zu lassen". Wie die Jeansträger, zu deren markantestem Markenzeichen der Riss in Kniehöhe werden sollte, das bewerkstelligen wollten, zeigte im April 1976 das erste Album: schwarz-weißes Coverartwork und 14 rasante Songs, von denen der längste 2:35 Minuten dauerte, die in 17 Tagen für nicht einmal 8000 Dollar aufgenommen wurden. Und gleich der Opener "Blitzkrieg Bop" beginnt mit dem Kultslogan "Hey Ho, Let's Go!". Der globale Kickstart von Punkrock.

Transatlantischer Austausch

Auch in England waren die Ramones total angesagt und motivierten spätestens im Juli '76 mit ihrem sagenumwobenen Konzert im Londoner Roundhouse anwesende Bands wie die Sex Pistols, The Clash oder die Buzzcocks endlich loszulegen. Seitdem gab es innerhalb des Punkmovement einen regelmäßigen transatlantischen Austausch, gleichwohl es in den Augen der Ramones einen großen Unterschied zu den Kollegen von der Insel gab: "Wir singen fröhliche Lieder, die (Engländer) Songs über Arbeitslosigkeit."

Die Ramones lieferten mit "Leave Home", "Rocket To Russia" und "Road To Ruin" überragende Platten im (Drei-)Akkord ab und ihr Doppelalbum "It´s Alive", eingespielt am Silvesterabend 1977, zählen Kritiker noch heute zu den besten Konzertmitschnitten überhaupt. Sie wurden schnell berühmt, reich wurden sie nie. Um über "1-2-3-4" hinauszukommen, besuchten sie sogar die "Rock´n´Roll Highschool" in Hollywood. Allerdings ohne großen Erfolg - der Film kam nie ins Kino. Stattdessen trafen die Ramones auf den "Wall of Sound"-Produzenten Phil Spector, mit dem sie 1980 "End Of The Century" aufnahmen. Eine Allianz, über die trotz der Hits "Baby, I Love You" und "Rock 'n' Roll Radio" jedoch keiner richtig glücklich war.

Was folgte, waren die heftigen Kopfschmerzen nach dem wilden Rausch. Neue Ramones-Mitglieder kamen und gingen, und obschon Punkrock irgendwann kommerziell und künstlerisch durch war, konnten die vielgereisten Ramones auf eine treue "Gabba Gabba Hey"-Gemeinde zählen. Rare Höhepunkte dieser Tage waren die Anti-Apartheid-Single "Sun City" und der Titelsong zum Stephen King-Streifen "Friedhof der Kuscheltiere".

Später Triumph

Erst der Neo-Punk-Hype um Green Day und Offspring brachte Anfang der 90-er die Ramones einer breiteren Öffentlichkeit wieder in Erinnerung. Doch nur kurz darauf war endgültig Schluss mit lustig, und die Band löste sich 1996 auf. Vor zwei Jahren wurden die Ramones schließlich in die "Rock 'n' Roll-Hall of Fame" aufgenommen. Punk-Ikone Joey Ramone, der im April 2001 seinem Krebsleiden erlegen war, konnte diesen späten Triumph leider nicht mehr mit feiern.

(Rheinische Post)
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