M'era Luna-Festival Bei den Grufties kann es sehr bunt zugehen

Hildesheim (RPO). Jedes Jahr am zweiten Augustwochenende trifft sich die "schwarze Szene" auf dem Hildesheimer Flughafengelände und feiert das eigene Anders-Sein, außergewöhnliche Musik und Mode, wie man sie auf den Straßen eher selten sieht. Neben dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig hat sich das M'era Luna zum zweiten großen Festival in der alternativen Szene etabliert.

Grufties stürmen Hildesheim
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Grufties stürmen Hildesheim

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Während zu Pfingsten Tausende die ostdeutsche Stadt mit Patschuli-Duft und schwarzen Gewändern verzieren, wird im Hochsommer der Flughafen Hildesheim zu einer gigantischen Freilichtbühne mit Mittelaltermarkt umfunktioniert. Gut 23.000 Fans der alternativen Musikszene waren erwartet worden. Sie konnten sich über ein umfangreiches Rahmenprogramm freuen. Von Modenschauen über Lesungen bis hin zu Diskonächten mit Szene-DJs — für Abwechslung war gesorgt.

Wie auch in Leipzig dominierten ausgefallene Outfits, unglaubliche Frisuren und Körperschmuck in allen Facetten das Bild der Besucher. Der Betrachter sah sich einem Panoptikum verschiedener Subkulturen und Stilrichtungen gegenüber. Auf einer Modenschau zeigten übrigens bekannte Szene-Label (AMF Korsets, Cyberesque, Lucardis Feist und Bibian Blue) ihre neuesten Entwürfe.

"Schwarz" ist nicht gleich "Schwarz"

Doch wer glaubt, "Schwarz" sei gleich "Schwarz", der irrt gewaltig: Die einzelnen Richtungen in der großen Szene sind sehr unterschiedlich, die Kostüme der Gäste zeigen dies deutlich. Denn Gruftie ist nicht gleich Gruftie. So tragen die Anhänger der sogenannten "Steam-Punk"-Bewegung Kleidung aus der viktorianischen Ära — vermischen diese aber mit Technik a la Jules Verne. Sie verstehen sich als Gegenpol zur "Cyber-Punk/Gothic"-Ästhetik. Hier beherrscht neonfarbenes Accessoire das Endzeit-Outfit. Neben den ganz "normalen" Grufties gibt es mittlerweile unendlich viele Facetten, die sich in Schmuck, Kleidung, Schminke und Habitus ausdrücken.

Allgemein als "schön gekleidet" gelten die Liebhaber der klassischen Gothic-Szene: In weiten Kleidern, dem Stil der letzten Jahrhunderte angpasst, flanieren sie über das Festivalgelände und die angelegten Märkte. Der japanische Manga-Stil hat sich mittlerweile auch eine Nische in der schwarzen Welt gesichert. Doch bei aller Verschiedenheit der Festivalgäste fällt vor allem deren Friedlichkeit auf. Sie alle eint außerdem die Liebe zur schwarzen Farbe, die Sehnsucht nach einer anderen Welt. Das "Anderssein" wird hier zum Programm. Das sie damit aber auch provozieren, ist den meisten Schwarzen klar, nehmen es aber in Kauf.

Die Musik stand im Vordergrund

Das diesjährige Band-Lineup hielt einige internationale Stars bereit. So konnten Within Temptation als Headliner die Freunde des Symphonic/Epic-Metal mitreißen. Das neue Album "The Unforgiving" hat unglaublichen Erfolg und einzelne Songs sind im deutschen Privat-TV an der Tagesordnung.

Besonders erwähnenswert scheint noch der in der Szene mit Spannung erwartete Auftritt von ASP: Pünktlich zum Festival machte eines der bedeutendsten deutschen Indie-Projekte mit der CD "Wechselbalg" den Auftakt zu einem neuen Schaffens-Zyklus. Die vier neuen Songs zeigen, wie intensiv und faszinierend Musik den düsteren und elegischen Lebensstil der Szene ausdrücken kann. "Wechselbalg" wird als Goth-Rock-Hymne sicherlich die Nachfolge des legendären "Ich will brennen"-Hits antreten.

(felt/pst)
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