Björk stellt neues Album ins Netz "Vulnicura“ funktioniert wie eine Oper und ist großartig

Düsseldorf · Mit der überraschenden Veröffentlichung von "Vulnicura" reagiert die 49-Jährige auf einen Hackerangriff. Was man zu hören bekommt, ist großartig.

 Björk meldet sich mit "Vulnicura" zurück.

Björk meldet sich mit "Vulnicura" zurück.

Foto: afp

Das neue Album von Björk sollte erst im März erscheinen, dann nämlich beginnt im Museum Of Modern Art in New York eine Ausstellung über das Werk der 49 Jahre alten Musikerin aus Island. Nun haben Hacker die neun Stück von "Vulnicura" geleakt, das Album also unerlaubt ins Internet gestellt, und deshalb veröffentlichte Björk es über Nacht einfach selbst. Ab sofort kann man es also etwa bei iTunes für 9,99 Euro herunterladen.

Was man zu hören bekommt, ist großartig. "Vulnicura" ist eines der sanftesten Alben der Isländerin, eines der eingängigsten auch, am ehesten mit "Vespertine" aus dem Jahr 2001 zu vergleichen. Es geht um Trennung und Liebeskummer; in jedem der teils zehn Minuten langen Kompositionen dominieren die Streicher. Björk singt über das Verschwinden der Liebe, es tut weh, und manchmal scheint sie auch das Verstreichen der Zeit zu meinen. Früher gab es immer nur ein Gefühl zu einer Zeit, seufzt sie, aber heute sei alles komplexer und abstrakter. Begleitet von scharfen und vergifteten Beats und einem Schleifgeräusch spricht sie diese Verse: "My shield is gone / My protection taken / I am one wound / My pulsating body / Suffering being".

Bei der Produktion hat sich Björk Unterstützung von jungen Elektronik-Musikern geholt. Arca baute die Beats für die meisten Stücke. Der Mittzwanziger aus Venezuela, der in London lebt, hat bereits das Debütalbum von FKA Twins veredelt, und sein Soloalbum "Xen" war eine der bemerkenswertesten Veröffentlichungen des vergangenen Jahres. Arca sorgt für die Momente der Irritation auf dieser Platte, etwa wenn er in "Mouth Mantra" Sounds kreiert, die wie Laserpfeile wirken. Er lässt Björk auf vertrackten und ständig sich verschiebenden Beatpatterns tanzen und gegen mächtige Bässen ansingen. In einem Stück wirkt zudem der Düster-Elektroniker Haxan Cloak mit. Und: Einmal schaut Antony für ein Duett im Studio vorbei.

"Bibliophila" von 2011 wirkte etwas arg vollgestellt mit Ideen, Reizen und Sounds; dem Album, das Björk auch als App veröffentlichte, fehlte der rote Faden. "Vulnicura" funktioniert hingegen wie eine Oper: Björk variiert ihr Thema, sie lässt alle Verwirrung und Irritation in Melodien münden. Dabei gelingen ihr wunderbare Stücke; "Stonemilker" etwa ist einer ihrer schönsten Songs überhaupt.

(hols)
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