Musiker Daniel Barenboim hat ein Herz für Flüchtlinge

Düsseldorf · Gelegentlich fallen in Interviews Antworten, die so viel Luft für die Fantasie des Lesers lassen, dass man besser nicht nachfragt. So hat jetzt der Musiker Daniel Barenboim (72) in einem Interview eingeräumt, dass er sich vorstellen könne, bei sich in seinem Berliner Haus Flüchtlinge aufzunehmen.

 Daniel Barenboim.

Daniel Barenboim.

Foto: dpa, bsc

Das ist auf den ersten Blick ein Satz von maximaler Großherzigkeit. Da der Journalist der Berliner "B. Z." nicht weiter nachfragte, dürfen wir uns die Szenerie räumlich vorstellen: Barenboim räumt zwei Zimmer leer, in denen junge Syrer ihre Siebensachen ausbreiten. Die Flüchtlinge sind gottlob musikliebend, was die Voraussetzung für die Aufnahme ins Haus Barenboim ist, weil der Maestro häufig auf seinem Klavier übt. Häufiger allerdings ist er aushäusig, ebenso wie seine Gattin, die Pianistin Elena Bashkirova. Das Heim eines Jet-Set-Musikerpaars hätte für Flüchtlinge große Vorteile. Niemand stört einander. Ab und zu guckt ein Security-Mann nach dem Rechten.

Man wird einwenden dürfen, dass die Antwort gleichsam in den Mund gelegt und erzwungen gewesen sei. Sollte ein Weltversöhner wie Barenboim auf die Frage "Könnten Sie sich vorstellen, bei sich zu Hause Flüchtlinge aufzunehmen?" etwa mit "Nein" antworten? Nein, das ist undenkbar. Es widerspräche auch seiner Gesinnung. Aber die Antwort war die logische Konsequenz anderer Statements: dass Europa einheitlich in der Flüchtlingspolitik handeln müsse. Dass es eine Pflicht sei, sich um Flüchtlinge zu kümmern. Dass Leute, die das anders sehen, eine Gefahr für unsere Gesellschaft seien. Und dass Solidarität in der europäischen Vielfalt eine schwierige Sache sei. Das sehe man am Beispiel Griechenland.

Heute dirigiert Barenboim um 19 Uhr übrigens das West-Eastern Divan Orchester auf der Berliner Waldbühne. Dies ist das solidarische Orchester an sich - mit vielen Musikern aus (verfeindeten) Kriegsländern, die durch Musik zu Freunden wurden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort