Beginner Die Fantastischen Drei sind wieder da

Köln · Nach 13 Jahren kehren die Beginner mit einem neuen Album zurück. "Advanced Chemistry" ist ein großes nostalgisches Vergnügen. Eine Begegnung mit Eizi Eiz, Denyo und DJ Mad.

 Die Beginner sind zurück (v.l.): Jan Delay (Eizi Eiz), Dennis Lisk (Denyo) und Guido Weiß (DJ Mad).

Die Beginner sind zurück (v.l.): Jan Delay (Eizi Eiz), Dennis Lisk (Denyo) und Guido Weiß (DJ Mad).

Foto: dpa, jka sab

Zum Schluss fragt Eizi Eiz, wo denn der nächste Bioladen sei, er wolle sich nämlich etwas zu essen kaufen. Im Bahnhof, antwortet man, und weil man höflich ist und der Rapper gerade so sympathisch und ausufernd von seinem Helden Kendrick Lamar schwärmt, begleitet man ihn. So geht man ein paar Schritte durch Köln, und neben sich hat man diesen euphorisierten und in seinen Nike-Turnschuhen total elastisch und easy ausschreitenden Kerl, der Lamars Lied "The Blacker The Berry" mit markanter Stimme nachsingt. Man schmunzelt und nickt: klar, toller Song, und besser kann ein Interview gar nicht enden.

Eizi Eiz kennen die meisten unter seinem anderen Künstlernamen Jan Delay, so nennt er sich, wenn er solo auftritt, aber nun ist er heimgekehrt zur Familie. Absolute Beginner hieß die Band, mit der er in den 90er Jahren berühmt wurde. Sie bewies, dass das geht, dass Rap mit deutschen Texten funktioniert. Bei ihnen klang das so lustig und lässig wie hier: "Du hast so viel Stil wie ein Cornetto-Eis / Und so viel Plan von coolen Beats wie Abels Bruder heißt". Sie kamen aus Hamburg, sie waren zu dritt, und sie waren Freunde. 2003 tauften sie sich um in Beginner. Sie waren lange fort, aber morgen erscheint ihr erstes Album nach 13 Jahren: "Advanced Chemistry" ist ein großes nostalgisches Vergnügen.

Eizi Eiz (bürgerlich Jan Eißfeldt), Denyo (Dennis Lisk) und DJ Mad (Guido Weiß) empfangen in einer Suite des Savoy Hotels hinter dem Kölner Hauptbahnhof, und das erste, was man beim Betreten des Raums denkt, ist dieses: super WG! Sie scherzen über die dunklen Gänge des Hotels, das Wort "Gruft" fällt, es ist viel Gewusel, und während Denyo erst gehend, dann stehend und schließlich nach vorn gebeugt sitzend in Jogginghose über Rap doziert und Eizi Eiz mit einiger Lust am Knackgeräusch Rohkost isst, thront DJ Mad versonnen im Sessel und sieht sich selbst beim Atmen zu.

Erstes Thema: das Lied "Ahnma". Man merkt an, dass man den Gegensatz vom ghettogestählten Krass-Deutsch des Rappers Gzuz, der die Bridge singt, zum karibischen Schmeichel-Gesang Gentlemans im Refrain toll finde. "Genau darum geht's!", stimmt Eizi Eiz zu. "Wir sind Fans von Gzuz und Haftbefehl und von vielen Rappern, von denen man nicht denken würde, dass wir sie gut finden. Und nur weil wir Fans sind und weil uns die neuen Künstler so elektrisieren, konnten wir überhaupt wieder eine Platte machen." Sie hätten bei den Beginnern das Feuer neu entfacht, und aus Dankbarkeit für die Inspiration habe man jüngere Kollegen ebenso wie die alten Weggefährten Samy Deluxe und Dendemann ins Studio gebeten, damit sie mitmachen bei "Advanced Chemistry". So ist das Album auch eine Kumpel-Platte geworden.

Überhaupt sind die Beginner Fans geblieben. In dem Lied "Es war einmal" singen sie über 80er-Jahre- Helden wie N.W.A und Public Enemy. Was hat sich seitdem verändert, vor allem in Deutschland? "HipHop hat sich zum Positiven entwickelt", bilanziert Denyo mit professoraler Attitüde. "Es gibt mehr Vielfalt. Es gibt zig verschiedene Subgenres und Herangehensweisen, die alle für sich genommen toll und wertig sind. Und es gibt auch im Straßenrap sehr viel krass gute Rapper. Das habe ich vor ein paar Jahren noch vermisst."

Er empfiehlt KC Rebell und Nimo, die müsse man hören, außerdem Rattos Locos und 187 Straßenbande. "Von Haftbefehl ganz zu schweigen. Oder Megaloh. Der ist technisch viel besser als wir damals. Oder Die Orsons und Tua mit seinen Soundfrickeleien." Denyos These: "Als Marteria 2010 sein Album ,Zum Glück in die Zukunft' veröffentlicht hat, wurde Pop-Deutschland auf ein anderes Niveau gehoben. Ohne den Typen gäbe es die neue Generation von Denkweisen und Wortwitz gar nicht."

Wortwitz ist ein gutes Stichwort. Davon lebt auch das neue Album. Man nehme nur den Songtitel "Rambo No. 5". Oder die Verse "Immer in Bewegung bleiben, so wie Dönerfleisch" und "Das Geniestreich-Orchester ist bereit". Oder das Stück "Kater": "Gestern war ich blau, und heute seh' ich schwarz." Sie überlegen sich ein Thema, erklärt Denyo, "und dann schreibt jeder für sich seine Strophen". Erst danach lege man die Texte zusammen und suche gemeinsam nach Möglichkeiten, sie zu verbinden. "Abholmomente schaffen", nennt er das.

Wie es nach so langer Zeit zur neuerlichen Zusammenarbeit gekommen ist, möchte man wissen. "Es ist ja nicht so, dass wir in den letzten 13 Jahren nichts gemeinsam gemacht hätten", entgegnet DJ Mad. "Denyo und ich sind fast jedes Wochenende zusammen und legen in Clubs auf. Und inzwischen wissen wir ja auch: Du kannst es nicht erzwingen. Du musst auch mal eine Zeit lang leben, um auf Ideen zu kommen. Außerdem haben wir unsere Musikexpertise verfeinert. Alles, was wir seit der letzten Platte getan und erfahren haben, fand Eingang in das neue Album."

Sie reden über amerikanische Vorbilder, über das große letzte Album von Dr. Dre, über Chance The Rapper und den Allerbesten: Kendrick Lamar. Dessen "The Blacker The Berry" sei die Inspiration für "Ahnma" gewesen, erzählt Eizi Eiz. "In dem Lied kommt irgendwann so ein Dancehall-Künstler mit tiefer Stimme und fängt krass an zu singen: I said they treat me like a slave, cah' me black. Und dann kehrt der Beat zurück und lässt die Energie wieder los, und da denkst du: Genau sowas brauchen wir auch. Wir haben überlegt, wer das bei ,Ahnma' machen könnte, und in Deutschland kann das am besten Gzuz."

Während er spricht und schwärmt, überlegen die anderen, was sie zu Mittag essen wollen. Sie kommen nicht auf einen Nenner, Döner und Bioladen, also beschließen sie, sich zu trennen. Kurz bevor man aufbricht, sagt Denyo zum Abschied dieses: "Wir hätten einfach ohne Album eine Abschiedstour machen können, die wäre auch so ausverkauft gewesen. Aber das wollten wir nicht. Wir wollten was Neues machen. Wir brauchen die Beginner nicht. Wir wollen sie."

(hols)
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