Interview mit Marek Lieberberg "Die Entscheidung, das Festival vorzeitig zu beenden, war falsch"

Mendig · Seit 47 Jahren organisiert Marek Lieberberg Konzerte, seit 32 Jahren Rock am Ring. Der Veranstaltungsexperte übt im Interview deutliche Kritik an der Entscheidung der Behörden, das Festival in Mendig vorzeitig zu beenden.

 Festival-Veranstalter Marek Lieberberg spricht am Samstagabend nach der Zwangspause von der Hauptbühne zum Publikum.

Festival-Veranstalter Marek Lieberberg spricht am Samstagabend nach der Zwangspause von der Hauptbühne zum Publikum.

Foto: dpa, tfr kde

Wie geht es Ihnen nach diesem Wochenende?

Lieberberg Das war die schwierigste und traurigste Entscheidung, die wir jemals treffen mussten. Nicht zuletzt, weil Fans verletzt worden sind. Wir sind mit unseren Gefühlen und Gedanken bei den verletzten Besuchern.

War es richtig, Rock am Ring vorzeitig zu beenden?

Lieberberg Für mich und meine Mitarbeiter ist immer oberste Maxime, dass die Fans Spaß haben und dabei sicher sind. Die Entscheidung der Verbandsgemeinde Mendig, die sich stark an der Empfehlung der Polizei orientiert hat, trage ich aber nicht mit. Die Entscheidung ist falsch. Wir haben in hitzigen Diskussionen mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Absage zu größeren Problemen führen wird. Die Räumung des Geländes und der Zeltplätze birgt nicht weniger Risiko für die Besucher. Es hat eher an Fahnenflucht erinnert, als sich die Fans ihre Wege über die Felder bahnten und ihr Hab und Gut zurückließen. Das Ganze ist nicht gerade eine Sternstunde der verantwortlichen Behörden. Die Absage ist die schlechtest mögliche Entscheidung — das habe ich immer wieder betont.

Wie hätte Rock am Ring denn Ihrer Meinung nach weitergehen sollen?

Lieberberg Für Sonntag waren zwischen 14 und 17 Uhr einige Gewitter angesagt. Wir hätten die Besucher bei einer konkreten Gefährdung auffordern können, sich in die Autos zu setzen, und das Programm fortgesetzt, wenn die Gefahr vorüber ist. Also gegen 17, 18 Uhr. Das wäre richtig gewesen. Und das haben wir in den kontroversen Gesprächen immer wieder gesagt. Wir haben auf unsere jahrzehntelange Erfahrung verwiesen. Die Behördenvertreter haben sich aber nicht darauf eingelassen und stoisch auf ihre Sichtweise verwiesen. Dazu kommt noch, dass eine obskure Meinungsäußerung des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz auf Facebook, er würde Rock am Ring sofort absagen, als Weisung aufgefasst worden ist.

Hatten Sie jemals so schlechtes Wetter bei Rock am Ring?

Lieberberg Solches Wetter ist bei Rock am Ring die Regel. Am Nürburgring hatten wir mehrfach Hagel, schwere Gewitter, Blitzeinschläge. Dort war es fast noch schlimmer als hier in Mendig. Wir haben es aber immer geschafft, das Programm aufrecht zu erhalten. Aber auf unsere Erfahrung wollte man jetzt nicht mehr hören.

Werden Sie aus dieser Behördenentscheidung Konsequenzen ziehen? Wo wird Rock am Ring 2017 stattfinden?

Lieberberg Das ist eine berechtigte Frage, mehr will ich dazu jetzt noch nicht sagen. Außer: The show will & must go on. So viel ist sicher.

Einige Festivalbesucher erwarten jetzt eine Wiedergutmachung oder eine Entschädigung. Haben sie eine Chance?

Lieberberg Im Moment sehe ich das nicht. Wir haben alles menschenmögliche getan, um einen reibungslosen Ablauf von Rock am Ring zu gewährleisten. Aber wir müssen jetzt erst einmal abwarten und alles in Ruhe bewerten.

Tobias Dupke führte das Gespräch.

Nachtrag zu den Opferzahlen: Bei den Blitzeinschlägen bei "Rock am Ring 2016" in der Eifel sind nach jüngsten Angaben 71 Menschen verletzt worden. Diese Zahl bestätigte am Sonntag ein Sprecher des Roten Kreuzes. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) hatte am Samstag noch von "bis zu 82" Verletzten gesprochen.

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