Der Goldene Reiter zieht Bilanz "Dom" - Joachim Witt bringt neues Album

Berlin · In den 1980er Jahren war er als "Goldener Reiter" hoch auf der Leiter, in den 90ern spülte ihn "Die Flut" in ein anderes großes Leben. Nun zieht Joachim Witt Bilanz. Sein neues Album ist Schlusspunkt und Neuanfang zugleich.

 Joachim Witt veröffentlicht mit "Dom" eine neue Platte.

Joachim Witt veröffentlicht mit "Dom" eine neue Platte.

Foto: dpa, Jim Rakete

Joachim Witt hat im Laufe von mehr als 30 Jahren im Musikgeschäft erreicht, was nur wenige von sich behaupten können: Er hat sich eine eigene Schublade gezimmert. Obwohl zwischen dem Zynismus als einer der Stars der "Neuen Deutschen Welle" und den harschen Kommandos der "Werkreihe Bayreuth" Welten liegen, blieb der Mensch hinter den Songs immer erkennbar. Joachim Witts Stücke sind mehr als nur musikalische Statements - sie geben auch Einblicke in seine Biographie. Das neues Album "DOM" zeigt nun die emotionale Seite eines Musikers, der gelernt hat, die Auf und Abs seines Lebens zu verarbeiten.

"Ich hatte die harten Gitarren einfach satt", erklärt Witt den durchweg sehr orchestralen Sound seiner neuen Platte. "Ich musste nach 'Bayreuth 3' erst einmal eine Weile Pause machen, um auf neue Gedanken zu kommen". Die Arbeiten an "DOM" zogen sich fast zwei Jahre hin. Koordiniert wurde das Projekt von Komponistin Michelle Leonard, die für Witt schon auf dem Vorgängeralbum einen Titel beigesteiert hatte. Für den Hamburger war es das erste Mal, dass er sich komplett auf Teamarbeit eingelassen hat. "Ich war eigentlich immer der Meinung, dass ich ein Einzelgänger bin, was Musik angeht", sagt der 63-Jährige. "Aber diesmal hat die Chemie einfach gestimmt."

"Kathedrale der Popmusik"

Der Albumtitel bezieht sich auf den Grundgedanken der Produktion: Eine "Kathedrale der Popmusik" habe er sich bauen wollen, erklärt Witt. "Die Musik sollte wie ein großes Gebäude sein, in dem man seine Gedanken ordnen und verarbeiten kann, eine sehr spirituelle Sache also". Auch wenn die Texte wie immer vor Bildern und Metaphern nur so strotzen, sei jede Zeile Ergebnis einer persönlichen Erfahrung, so Witt: "Es geht bei den allermeisten Stücken um Zusammenbruch und Neubeginn, das habe ich selbst schon mehrere Male erlebt, sowohl beruflich wie auch privat".

Zweimal war Joachim Witt im Laufe seiner Karriere ganz oben: Mit dem "Goldenen Reiter" definierte er die Neue Deutsche Welle entscheidend mit, mit dem Duett "Die Flut" versah er Ende der Neunziger die sogenannte Neue Deutsche Härte mit intellektuellem Anspruch. Vor dem Erscheinen der beiden Songs allerdings war Witt in einem tiefen persönlichen Tal gelandet, geplagt von Selbstzweifeln und Depressionen. Auch bei "Gloria", der ersten Single des neuen Albums, geht es um eine Art Selbsttherapie. "Ich sehe die drei Titel schon als Trilogie", sagt Witt, denn "es geht um dasselbe Thema: Die ewige Sehnsucht nach vollendeter Harmonie".

Für Joachim Witt beginnt nun - wie er selbst sagt - der dritte Teil seiner Karriere. "Egal, wie 'Gloria' läuft - ich hatte beim Schreiben dasselbe Hochgefühl wie bei 'Reiter' und 'Flut'", erinnert sich der Musiker an den einen Abend in Berlin, an dem er mit Leonard und Produzent Mirko Schaffer den Titel geschrieben hat. "Und meines Wissens wird solche Art von Musik in Deutschland im Moment von niemandem sonst gemacht". Vergleiche mit anderen deutschen Künstlern erübrigen sich bei Joachim Witt. Die Schublade, in die er zu stecken wäre, trägt ohnhin seinen Namen.

(dpa)
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