60. Eurovision Song Contest in Wien Ralph Siegel scheitert im zweiten Halbfinale

Wien · Tanzende Israelis, hoffende Schweden und enttäuschte Tschechen: Das 2. Halbfinale des 60. Eurovision Song Contest in Wien sorgte am Donnerstagabend einmal mehr für sämtliche Gefühlslagen. Die favorisieren Beiträge setzten sich durch und schnappten sich einen Startplatz für das große Finale am Samstagabend.

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Als neun Finalisten feststanden, wurden die rund 10.000 Zuschauer in der Stadthalle laut. Mit "Israel, Israel"-Rufen forderte das feierwütige Publikum eine der wenigen Uptempo-Nummern des Wettbewerbs ein - und wurde erhört. Der erst 16-Jährige Nadav Guedj hatte gut eine Stunde zuvor mit seinem orientalischen Partygesang den Saal in eine Großraumdisco Tel Avivs verwandelt. Passend zum Titel "Golden Boy" machte Nadav mit goldenen Schuhen, einer ausgefeilten Choreografie und einer Ladung Pyrotechnik seinen im Liedtext angesprochenen Ruf als "King of Fun" alle Ehre und erhielt den meisten Applaus. Noch lange nach der Verkündung tanzte und sang die israelische Fangruppe und freute sich über den ersten Finaleinzug seit 2010.

Die Israelis feierten noch ausgelassen, da war der schwedische Favorit Måns Zelmerlöw schon auf das Finale fixiert. "Ich hätte es noch besser machen können", sagte der 28-Jährige, "ich hoffe, das klappt am Samstag, damit ich Champion werden kann." Diese Chance hat Måns allemal, obwohl er in der ersten Hälfte auf Startplatz zehn gesetzt wurde. Eine beeindruckende Show zu "Heroes" mit auf einer schwarzen Wand projizierten Männchen, zu denen sich der Schwede synchron bewegt, fesselte seine Wähler. Wochen vor dem ESC hatten die Schweden das Männchen austauschen müssen, da ein Plagiatsvorwurf bestand, den Inhalt des Videos aber beibehalten. Wen interessiert denn dann noch, dass die Pophymne ein Allerweltslied ist?

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Foto: © NDR

Allein mit Song und Stimme überzeugte das norwegische Duo Mørland & Debrah Scarlett mit "A Monster Like Me" in einer von den Moderatorinnen Mirjam Weichselbraun, Alice Tumler und Arabella Kiesbauer unspektakulär moderierten Show. Die düstere Ballade geht einem dunklen Geheimnis aus frühester Kindheit auf die Spur. Welches Geheimnis das ist, wollten die beiden aber nicht verraten. Mit langsamen Liedern schafften auch Zypern mit John Karagiannis ("One Thing I Should Have Done") und Polen mit Monika Kuszyńska ("In The Name Of Love") den Einzug ins Finale.

Gerade mit dem polnischen Erfolg war nicht unbedingt gerechnet worden. Seit einem schweren Autounfall vor acht Jahren sitzt die Sängerin im Rollstuhl, genießt die ESC-Woche aber in vollen Zügen. "Ich fühle mich wie ein Gewinner, ich habe mein Leben zurückgewonnen", sagte die 35-Jährige unabhängig ihres Finaleinzugs. Ihr Song soll eine Inspiration für die Menschen sein, die aus irgendwelchen Gründen nicht an sich glauben.

Wer kam noch weiter? Mit unbeschwerter Gute-Laune-Musik schaffte das litauische Duo Monika Linkyte & Vaidas Baumila ("This Time") ebenso den Sprung ins Finale wie Elnur Hüseynov ("The Hour Of The Wolf") als getragenes Gegenmodell aus Aserbaidschan mit Herr-der-Ringe-Gedächtnisperformance — Gollum lässt grüßen. Die stimmgewaltige Aminata ("Love Injected") schaffte für Lettland mit einer Electro-Ballade den ersten Finaleinzug seit 2008, während Knez aus Montenegro ("Adio") auch am Samstag auf klassische Balkanklänge setzt. Das Finale eröffnen, werden die Kopfhörer tragenden Slowenen von Maraaya mit ihrem Uptempo-Soul "Here For you". Das Stück mit der eigenartigen Luftgeigerin qualifizierte sich ebenfalls.

Am Samstag dagegen nicht mehr dabei ist das tschechische Duo Marta Jandová und Václav Noid Bárta. Marta interagierte während der Performance zu "Hope Never Dies" bestens mit dem Saalpublikum, doch trotz eines starken Auftritts erhielt das sympatische Duett nicht genug Stimmen. Und auch für Ralph Siegels unerfahrene Schützlinge aus San Marino ist nach dem Halbfinale Schluss. Die Friedensbotschaft "Chain Of Lights" von Michele Perniola und Anita Simoncini verpuffte leider trotz extra verteilter Blinklichter und einem Meer an leuchtenden Smartphones.

Lesen Sie auch unsere Kurzkritik zum zweiten Halbfinale. Mehr zum ESC lesen Sie in unserem Dossier.

(RPO)
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