Eurovision Song Contest 2012 Frankfurterin half den russischen Omas

Frankfurt/Main · "Party for Everybody" singen sechs Omas aus Russland beim Eurovision Song Contest. Die Zeile hat sich eine Frankfurterin beim Kartoffelschälen ausgedacht. Die betagten Sängerinnen hat sie aber noch nie gesehen.

Beim Eurovision Song Contest (ESC) in Baku Ende Mai sitzt eine Frankfurterin vor dem Fernseher und drückt ganz fest die Daumen. Allerdings nicht für den deutschen Kandidaten Roman Lob, sondern für die Kandidatinnen aus Russland:
sechs zumeist hutzelige Omas in Trachten und Bastschuhen, die dank YouTube schon vor Wochen zum Medienereignis wurden. Mary Applegate, seit Jahrzehnten in Frankfurt lebende Amerikanerin, hat den Text für den kuriosen russischen Beitrag geschrieben - naja, einen Teil des Textes...

Die Buranowskije Babuschki (Omas aus Buranowo) zwischen 43 und 76 Jahren stammen aus dem gleichnamigen Ort in der Region Udmurtien westlich des Uralgebirges. Ihr discomäßig-fetziges Lied singen sie halb udmurtisch und halb englisch - und genau hier kommt Mary Applegate ins Spiel. Die Wahl-Hessin mit US-Pass hat eben jene englische Zeile geschrieben: "Party For Everybody, Come On And Dance". Der ESC-Veranstalter, die Europäische Rundfunkunion (EBU), nennt für diesen Song als Texterinnen Olga Tuktarjowa - die jüngste der sechs Babuschkas - und Mary Applegate.

Dabei kennt die Tochter eines US-Soldaten die udmurtischen Omas gar nicht. Der Link zwischen der Texterin, die auch bekannte Hits wie "Power Of Love" für Jennifer Rush geschrieben hat, und den russischen Großmüttern ist der Produzent Victor Drobysch, der früher in Deutschland gelebt hat, bevor er in seine Heimat zurückging.

Als der Russe die Idee hatte, die Omas zum Song Contest zu schicken, telefonierte er via Skype mit seiner alten Bekannten in Frankfurt und spielte ihr die Melodie vor, wie Applegate berichtet. Die Omas in Buranowo schrieben ihren Text auf Udmurtisch, Mary in Frankfurt dachte sich parallel den englischen Refrain aus, "beim Kartoffelschälen in der Küche".

Ein Honorar hat sie bisher nicht dafür bekommen. Sie ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, "dass es immer eine Lotterie ist, wie viel man kriegt". Nach "Power Of Love" lief es jedenfalls ganz gut, sagt Applegate, Frank Farian rief bei ihr an und andere Stars aus den 90ern. "Die Sprache war mein Bonus", glaubt Applegate, die mit zwölf Jahren nach Deutschland kam. "Ich lebe von meinen Tantiemen."

Als die Omas den russischen Vorentscheid gewannen, rief Mary Applegate übrigens bei der "Bild"-Zeitung an. Nicht aus Eitelkeit, wie sie betont, "sondern um Werbung zu machen für die Mädels".

(dpa)
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